Zuspruch und Kritik zu Plänen für Energie-Sondervermögen
Aus dem geplanten Energie-Sondervermögen des Freistaats wird nach Einschätzung von Rot-Rot-Grün und der CDU bis zum Ende des Jahres nur ein kleiner Teil der zur Verfügung stehenden Mittel ausgezahlt werden können. In den Verhandlungen sei die Minderheitskoalition davon ausgegangen, dass bis Ende 2022 ungefähr 57 Millionen Euro abfließen könnten, erklärte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, am Donnerstag in Erfurt. Selbst bei dieser Zahl gebe es aber große Unsicherheiten. Zunächst müsse noch ein Wirtschaftsplan für die Verwendung der Mittel erstellt werden. Außerdem müsse die Auszahlung der Gelder über Richtlinien geregelt und abgewickelt werden. Das alles kostet Zeit.
Linke, SPD, Grüne und die CDU hatten sich am Mittwoch auf die Einrichtung eines Energie-Sondervermögens mit einem Volumen von 407 Millionen Euro geeinigt. Formal muss der Landtag die Bereitstellung des Geldes noch beschließen. Das soll am Freitag geschehen. Das Geld soll noch in diesem Jahr in das Sondervermögen überführt werden.
Nach Angaben von Rot-Rot-Grün und der CDU soll das Geld Unternehmen, aber auch Vereinen und Privathaushalten helfen, die infolge der hohen Energiepreise in Existenznot geraten. Es gehe darum, Insolvenzen und Überschuldungen zu verhindern, sagte Dittes. Man werde nicht flächendeckend all jene entlasten können, die derzeit finanziell stärker belastet seien. Das Geld soll sowohl als Darlehen als auch als nicht-rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung gestellt werden. Details sollen in den nächsten Tagen erarbeitet werden.
Sowohl Dittes als auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey und die Grüne-Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich erklärten, dass es dennoch richtig sei, einen dreistelligen Millionenbetrag über das Sondervermögen bereitzustellen. So zeige der Freistaat Handlungsfähigkeit, hieß es. Wenn das Geld erst im nächsten oder übernächsten Jahr in Gänze verwendet werde, werde dessen Zweck damit auch erfüllt. Der CDU-Finanzpolitiker Volker Emde sagte, diese Summe werde nur langsam an jene verteilt werden können, die das Geld brauchten. «Wir werden nicht die Erwartung haben, dass in diesem Jahr 400 Millionen Euro ausgegeben werden», sagte er.
Die Einigung auf ein Hilfspaket stößt bei der Industrie- und Handelskammer Erfurt auf Zustimmung. «Vor dem Hintergrund einer untätigen Bundesregierung ist der Thüringen-Wumms notwendig, auch wenn die Mittelverwendung aus Hilfsfonds und Sondervermögen ordnungspolitisch fraglich und risikobehaftet ist», sagte die Hauptgeschäftsgeschäftsführerin der Kammer, Cornelia Haase-Lerch. Wichtig sei nun, dass das Geld entsprechend der tatsächlichen Bedarfe der Wirtschaft ausgegeben werde, «und es auch einen Härtefallfonds für die Wirtschaft gibt». Für Unternehmen, die ihre gestiegenen Kosten nicht unmittelbar und zeitnah weitergeben können, sei die geplante Einrichtung des Sondervermögens «ein kleiner Lichtblick».
Ähnlich äußerte sich die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Schulträger in Thüringen. «Alle Thüringer Schulen - staatliche wie freie - stehen unter großem finanziellem Druck durch die hohen Energiekosten», sagte der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft, Marco Eberl. Verschiedene freie Schulen hätten in den vergangenen Monaten Kostensteigerungen für das Heizen um bis zu 800 Prozent gemeldet. Die nun geplante Unterstützung könne helfen, die Unterrichtsräume nicht zu kalt werden zu lassen.
Die AfD-Landtagsfraktion und die parlamentarische Gruppe der Bürger für Thüringen kritisierten die geplanten Hilfen dagegen. «Mit dem Hilfsfonds wird lediglich kurzfristig Liquidität in den Markt gepumpt», sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke. Perspektivisch ändert sich dadurch allerdings weder an den Energiepreisen noch an der Inflation etwas.
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