Widerstand ist Aufgabe der Zivilgesellschaft
Angesichts wachsender antisemitischer Tendenzen in Ostdeutschland haben Experten die Zivilgesellschaft zum Widerstand aufgerufen. «Der Kampf gegen den Antisemitismus darf nicht Aufgabe der Jüdinnen und Juden sein», mahnte der Antisemitismus-Experte Dervis Hizarci am Dienstag zum Auftakt einer Fachkonferenz zum Antisemitismus in Ostdeutschland in Potsdam. Der Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 habe die mörderische Dimension des Antisemitismus erneut vor Augen geführt, betonte er. Dagen müsse sich die ganze Gesellschaft wenden.
Auch bei Corona-Demonstrationen, bei denen Teilnehmer Judensterne trugen, hätten sich starke antisemitische Tendenzen gezeigt, erklärte Hizarci. Und seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober, gebe es israelfeindliche Demonstrationen in aller Öffentlichkeit.
«Seit dem 7. Oktober tobt sich auf deutschen Straßen ein geballter Israel-Hass aus», beklagte auch Olaf Glöckner vom Moses Mendelssohn Zentrum der Universität Potsdam. Daher zögen sich viele Juden aus der Öffentlichkeit zurück und lebten nur noch in ihren geschlossenen Gemeinschaften. Der Antisemitismus mische sich oft auch mit Ausländerfeindlichkeit, sagte Glöckner. Seit den 90er Jahren seien viele Juden aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion eingewandert, die oft nur schlecht Deutsch sprächen. «Und sie erleben häufig schon Anfeindungen, wenn sie sich etwa an der Haltestelle auf Russisch unterhalten», berichtete Glöckner.
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