Weniger Gewinn: Zinswende belastet Wertpapierbestände
Der rasante Zinsanstieg hat bei den Sparkassen in Hessen und Thüringen in Summe zu Milliardenabschreibungen auf Wertpapieranlagen geführt. Die Folge: Unter dem Strich haben die unverändert 49 Institute im vergangenen Jahr vorläufigen Zahlen zufolge mit 143,7 Millionen Euro fast ein Viertel (23 Prozent) weniger Gewinn gemacht als ein Jahr zuvor.
«2022 war für unsere Institute dem Grunde nach wieder ein ordentliches Jahr», bilanzierte der geschäftsführende Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen, Stefan Reuß, am Dienstag in Frankfurt. Die lange ersehnte Zinswende im Euroraum habe allerdings auch eine Kehrseite.
Ihr schneller und abrupter Verlauf führte zu Kursverlusten an den Märkten etwa für Staatsanleihen, die einen Großteil der Eigenanlagen der Sparkassen ausmachen. «Das hat dazu geführt, dass sich die Abschreibungen im Wertpapierbereich im vergangenen Jahr auf knapp 1,3 Milliarden Euro erhöht haben», erklärte Reuß.
Um das Betriebsergebnis nach Bewertung mit 299 Millionen dennoch in den positiven Bereich zu hieven, mussten die Sparkassen in Hessen (33 Institute) und Thüringen (16) auf ihre Rücklagen zurückgreifen: Mehr als 400 Millionen Euro sogenannte Vorsorgereserve wurden aufgelöst.
Mittelfristig erwartet der Verband Rückenwind durch die steigenden Zinsen. 2022 stieg der Zinsüberschuss der Sparkassen in Hessen und Thüringen als wichtigste Ertragssäule zum Vorjahr bereits deutlich um 7,1 Prozent auf rund 2,2 Milliarden Euro. Vor allem deswegen verbesserte sich das Betriebsergebnis vor Bewertung - also das operative Ergebnis - um 15,3 Prozent auf gut 1,1 Milliarden Euro.
Die Belastungen in den Wertpapierbeständen hält der Verband für vorübergehend. In der Regel würden die Papiere bis zum Ende der Laufzeit gehalten. Wichtig sei, «dass unsere Sparkassen jetzt nicht in Panik verfallen und irgendwelche Verkäufe machen», sagte Reuß.
Schon im laufenden Jahr sei mit einer «Normalisierung des Wertberichtigungsbedarfs» zu rechnen: «Auf mittlere Sicht sind dann mit dem Laufzeitende der Papiere sogar wieder positive Korrekturen verbunden. Unser Prognosesystem geht für das Jahr 2023 in diesem Bereich derzeit schon wieder von Zuschreibungen von gut 120 Millionen Euro aus», führte Reuß aus.
Vom künftigen DSGV-Präsidenten Ulrich Reuter erhofft sich Reuß neue Impulse in Richtung eines Zentralinstituts für die Sparkassen-Finanzgruppe. «Ich glaube nicht, dass ich am Ende einsamer Rufer bin oder sein werde, der diese Frage aufruft, sondern dass wir uns in der Gruppe schon im Klaren sind, dass wir diesen Weg fortsetzen wollen und fortsetzen müssen», sagte Reuß.
Der Ende 2023 ausscheidende Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis hatte kurz nach seinem Amtsantritt am 1. Januar 2018 die Idee einer Art «Super-Landesbank» wiederbelebt. In einem ersten Schritt hatten die Sparkassen Dekabank und Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) aufgetragen, ein mögliches Zusammengehen auszuloten. Wegen der Corona-Krise waren die Gespräche auf Eis gelegt worden. Reuß betonte, aktuell gebe es keine Fusionsgespräche. Die Helaba gehört mehrheitlich den Sparkassen, die Dekabank ist zu 100 Prozent in Sparkassen-Hand.
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