Weimarer Erklärung gegen NS-Verharmlosung in Corona-Pandemie
Nach Hassmails und -anrufen gegen die Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar haben sich in der Stadt ansässige Hochschulen, Forschungs- und Kultureinrichtungen gegen eine Geschichtsrelativierung durch Gegner der Corona-Politik gewandt. Die Gleichsetzung von Corona-Maßnahmen mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust verharmlose diesen und verhöhne dessen Opfer, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Weimarer Erklärung für ein demokratisches Miteinander. Dies sei auch «der gezielte Versuch, Zwiespalt zu säen und die liberale Demokratie zu bekämpfen.»
Bei den Demonstrationen gegen die Corona-Politik gehe längst nicht mehr nur um Kritik an einzelnen Infektionsschutzmaßnahmen, sondern auch darum, die demokratische Gesellschaftsordnung an sich und ihre Grundwerte zu delegitimieren, heißt es weiter. Die große Mehrheit der Bevölkerung trage die Belastungen der Pandemie aber solidarisch. «Denn sie weiß: Nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme und gesellschaftlichem Miteinander kann es gelingen, sie zu überwinden.»
Die Gedenkstätte Buchenwald hatte zuletzt eine Flut von Hassmails und Telefonanrufen mit wüsten Beschimpfungen gegen das Personal erhalten, wobei laut Erklärung die Corona-Schutzmaßnahmen mit dem NS-Völkermord an den Juden gleichgesetzt wurden. Anlass war die Beschränkung des Zugangs zu den Ausstellungen auf gegen Covid-19 Geimpfte und Genesene (2G-Regelung), zu dem die Gedenkstätte nach den Corona-Landesregeln verpflichtet ist.
Zu den Unterzeichnern gehören Spitzenvertreter der Klassik Stiftung Weimar, des Deutschen Nationaltheaters, der Bauhaus-Universität Weimar und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Unterstützt wird sie auch von Ministerpräsident Bodo Ramelow und Bildungsminister Helmut Holter (beide Linke).
Es sei nicht hinnehmbar, «dass Demokratiefeinde die Gedenkstätte in Buchenwald attackieren und die Corona-Pandemie für ihre dunklen Ziele missbrauchen», unterstrich Ramelow. Die Gedenkstätte müsse gegen solche Angriffe geschützt werden, meinte Holter. Beide verwiesen darauf, dass diese ein wichtiger Ort demokratischer Bildungsarbeit sei.
In das Konzentrationslager Buchenwald hatten die Nazis rund 280.000 Menschen verschleppt, 56.000 Häftlinge wurden ermordet oder starben an Krankheiten, medizinischen Experimenten, Zwangsarbeit oder Hunger.
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