Wärmestuben richten sich auf höhere Nachfrage ein
Steigender Bedarf und Mehrkosten stellen die Wärmestuben und Begegnungsstätten in Thüringen vor zunehmende Herausforderungen. «Die Nachfrage nach unseren Angeboten wird bereits jetzt immer höher, trotzdem sind wir auf den Winter gut vorbereitet», sagte Kerstin Thielemann von der Apoldaer Tafel. Aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen seien immer mehr Menschen von Zwangsräumungen betroffen oder hätten Schwierigkeiten ihre Miete zu zahlen. Die Tafel selbst rechne mit einer Verdopplung der Energiekosten im Vergleich zum Vorjahr.
Grundsätzliches Problem der Hilfseinrichtungen sei der Umstand, dass erhöhte Preise für Lebensmittel, Benzin oder Energie nicht weitergegeben werden könnten, erläuterte Thielemann. So müssten die ehrenamtlichen Helfer wegen der größeren Nachfrage zum Beispiel in einem immer größeren Umkreis Supermärkte und andere Lebensmittelspender anfahren. Die gestiegenen Spritkosten verteuerten diese Arbeit.
Bisher hätten die Träger aber ihre weitere finanzielle Absicherung zugesagt, betonte Thielemann. Die Lage für finanziell schlechter gestellte Menschen in der Apoldaer Region spitze sich auch deswegen zu, weil durch die Unterbringung von Flüchtlingen kaum preisgünstige Wohnungen verfügbar seien.
Das Diakonische Werk Eichsfeld-Mühlhausen, das neben einer Wärmestube ebenso eine Tafel und einen Sozialtreff in Mühlhausen und Schlotheim anbietet, sieht sich trotz steigender Nachfrage gut für die kalte Jahreszeit gerüstet. In Mühlhausen sei schon länger eine Erweiterung des bestehenden Angebots geplant, sagte die Geschäftsführerin Grit Jugl. Mit Unterstützung mehrerer lokaler Partner solle in den kommenden Monaten in unmittelbarer Nähe zur Tafel ein zusätzliches Gebäude entstehen, das nach aktueller Planung neben der Möglichkeit zum Aufwärmen auch Beratungsangebote und eine Essensausgabe umfassen soll.
Die Begegnungsstätte Liora in Gotha sieht sich für den kommenden Winter ebenfalls gut aufgestellt. Die Einrichtung stehe für alle offen, sagte Projektleiterin Sabine Hertzschuch. Neben der Möglichkeit zum Duschen, Aufwärmen und Essen seien zudem Gespräche und Beratungen ein sehr wichtiger Teil des Angebots. «Manchmal ist es wichtig, einfach zuzuhören und da zu sein, wenn Menschen kein Zuhause oder keine Familie haben.» Für Obdachlose würden bei Bedarf auch Schlafsäcke und Thermobecher ausgegeben und Kontakte zur Kleiderkammer vermittelt. Täglich nutzten zwischen 35 und 50 Menschen das Essensangebot gegen eine freiwillige Spende - auch hier steige die Nachfrage spürbar an.
In Erfurt ergänzt ein Projekt der Bahnhofsmission das Angebot des Caritas-Tagestreffs oder des Restaurants des Herzens der Stadtmission, sagte der Vorsitzende der Bahnhofsmission, Hubertus Schönemann. Anfang November wurde am Erfurter Hauptbahnhof ein Pavillon eingerichtet, der Reisenden und anderen Gästen eine Rückzugsmöglichkeit und einen Raum für Gespräche und Hilfe bietet. «Im Winter ist es natürlich möglich, dass sich jemand, der sich auf der Straße aufhält, auch für eine Zeit der Wärme in unserem Pavillon während der Öffnungszeiten aufhält.» Der Pavillon sei freitags und sonntagnachmittags geöffnet.
In Jena und Gera gibt es Stadtsprechern zufolge derzeit keine Wärmestuben für Obdachlose, sie seien auch künftig nicht geplant. Einer Sprecherin der Stadt Jena zufolge weichen Obdachlose dort häufig auf die städtischen Einkaufszentren aus, um sich aufzuwärmen. In Gera bietet einer Sprecherin zufolge ein Verein eine Aufwärmmöglichkeit für Jugendliche und junge Erwachsene an.
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