Michael Brychcy, Präsident des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen., © Bodo Schackow/dpa
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Viele Kommunen am Limit: Debatte ums Geld

27.09.2023

Viele der mehr als 600 Städte und Gemeinden in Thüringen sind nach Einschätzung ihres Verbandes finanziell an der Belastungsgrenze. Das gelte auch bei der Unterbringung von Geflüchteten, sagte der Präsident des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes, Michael Brychcy, am Mittwoch beim Jahrestreffen der Bürgermeister in Erfurt. Er verwies darauf, dass die Thüringer Städte und Gemeinden nach Studien bundesweit die zweitniedrigste Steuerkraft im Ländervergleich hätten.

Deshalb sei es enttäuschend für den Verband und viele Bürgermeister, dass es jährlich ein Tauziehen um die Höhe der Zahlungen des Landes an die Kommunen gebe, einschließlich der Finanzhilfen für die Unterbringung von Geflüchteten, sagte Brychcy. «Wir haben manchmal das Gefühl, dass wir Bittsteller sind.»

Brychcy forderte die rot-rot-grüne Koalition auf, bei kaum zu finanzierenden Projekten wie einem dritten beitragsfreien Kita-Jahr deutlich zu machen, dass das derzeit nicht finanzierbar sei. Mehrere Bürgermeister kritisierten Bürokratie und einen «Papierkrieg», den viele Landesverwaltungen von den Kommunen verlangten.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, die Kommunen bekämen «Jahr für Jahr einfach kontinuierlich mehr Geld». Im Haushaltsentwurf der Regierung für 2024 seien es insgesamt 320 Millionen Euro mehr. Die Zahlungen des Landes an die Kommunen seien seit seinem Amtsantritt 2014 von 2,7 Milliarden Euro auf 4,6 Milliarden Euro gestiegen. Zudem hätten die Kommunen deutlich mehr Schulden abgebaut als das Land - «das ist gut so».

Brychcy erwiderte: «Ja, wir haben in den vergangenen Jahren mehr Geld bekommen.» Aber die Kommunen hätten auch mehr Aufgaben vom Land übertragen bekommen und insgesamt mehr Ausgaben. Brychcy sprach von einem hohen Investitionsstau, der unter anderem die Digitalisierung behindere. In einer hitzigen Debatte, in der Bürgermeister auf Löcher in ihren Haushalten verwiesen, sagte Ramelow: «Die Finanzministerin ist ohnehin geizig und hat Haare auf den Zähnen.»

Der Regierungschef verwies auf Beispiele wie im Eichsfeld, wo der Kreis die Digitalisierung für alle Gemeinden vorangetrieben habe - das Land habe das unterstützt. Der Regierungschef warb für mehr Zusammenarbeit von Land und Kommunen.

Das gelte bei der Digitalisierung, aber auch bei der Unterbringung von Geflüchteten oder dabei, schneller mehr Geflüchtete in Arbeit zu bringen. «Eine ausländerfeindliche Stimmung wäre für den Freistaat der Tod.» Ramelow verwies darauf, dass in vielen Bereichen Arbeitskräfte fehlten. Zudem würde bis 2040 die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Thüringen um 24 Prozent sinken.

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