Viel mehr Geld in der Landeskasse: Taubert warnt vor Risiken
Thüringens Steuereinnahmen sollen in diesem Jahr trotz gedämpfter Konjunkturerwartungen der Wirtschaft und der Unsicherheit durch den Ukrainekrieg kräftig steigen. Nach der Mai-Steuerschätzung, die Finanzministerin Heike Taubert (SPD) am Freitag in Erfurt vorlegte, kommen 474 Millionen Euro mehr in die Kasse als im Landeshaushalt veranschlagt. Auch bundesweit und bei den Thüringer Kommunen steigen die Steuereinnahmen.
Taubert verwies auf die große Unsicherheit bei der Steuerprognose und plädierte dafür, zusätzliche Einnahmen für schlechte Zeiten zurückzulegen. Zur Prognose sagte sie, es sei ungewiss, «ob das bis Jahresende hält». Taubert: «Wir sollten die Rücklage wieder auffüllen.» Aus ihr sollen 2022 nach bisherigen Planungen etwa 500 Millionen Euro zur Finanzierung des Landeshaushalt genutzt werden, der ein Volumen von 11,9 Milliarden Euro hat.
Einen Nachtragshaushalt in diesem Jahr mit höheren Ausgaben, wie er bereits im März von den Grünen gefordert wurde, lehnte die Ministerin ab. «Wir müssen in diesen Zeiten zurückhaltend auf allen Ebenen sein.» Unvorhersehbare Ausgaben wie die Finanzierung der Unterbringung und Betreuung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine könnten über die Mehreinnahmen aber bezahlt werden. Darüber könnte der Haushaltsausschuss des Landtags entscheiden.
Taubert machte deutlich, dass der Sparbeschluss des Parlaments, nach dem die Minderheitsregierung im Jahresverlauf 330 Millionen Euro weniger ausgeben darf, ungeachtet der Mehreinnahmen eingehalten werden müsse. «Das machen wir.» Der Haushalt sei trotzdem noch auskömmlich - «das muss reichen». Das Geld, das am Jahresende übrig bleibt, will Taubert komplett in die Rücklage geben. Denkbar sei auch eine außerplanmäßige Schuldentilgung.
Der Haushaltspolitiker der oppositionellen CDU-Fraktion, Maik Kowalleck, warnte davor, das Geld mit beiden Händen auszugeben. Es gebe die Hoffnung, «dass der Griff in die Rücklagen des Landes nicht so hoch ausfallen muss, wie bisher geplant». Rot-Rot-Grün müsse bei der Haushaltskonsolidierung liefern. Die Regierungskoalition von Linke, SPD und Grünen ist bei allen Entscheidungen im Landtag auf die Opposition angewiesen - Rot-Rot-Grün fehlen vier Stimmen für eine eigene Mehrheit.
Für 2023 werden laut Steuerschätzung Mehreinnahmen von 457 Millionen Euro erwartet. Für den Etat im kommenden Jahr laufen die Verhandlungen der Regierung noch. Es gebe viele Begehrlichkeiten, so Taubert. Wie das Geld eingesetzt werde, müsse das Kabinett entscheiden. Es werde geschaut, «wo große Not ist».
Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Steuerprognose für 2023 noch unsicherer sei als die für dieses Jahr. Taubert: «Mögliche Mehreinnahmen bedeuten nicht automatisch Möglichkeiten für Mehrausgaben.» Auch für den Haushalt 2023 sei nach aktuellem Stand eine Rücklagenentnahme von einer dreiviertel Milliarde Euro vorgesehen. Knapp 60 Millionen Euro der Mehreinnahmen des Landes würden zudem an die Kommunen weitergereicht. Diese könnten laut Prognose mit eigenen Steuermehreinnahmen von 42 Millionen Euro rechnen.
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