Verhandlung über Jugendticket: Busunternehmer skeptisch
Thüringens Infrastrukturministerin prüft die Finanzierbarkeit eines Sondertickets für junge Menschen zum Monatspreis von 28 Euro. «Wir beschäftigen uns gerade intensiv mit der Frage, ob und zu welchem Preis ein kostengünstiges Ticket für junge Menschen als Ergänzung zum 49-Euro-Deutschlandticket eingeführt werden kann», sagte Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij (Linke) auf dpa-Anfrage in Erfurt.
Thüringens Verband der Omnibusunternehmen, die einen großen Teil des öffentlichen Nah- und des Schülerverkehrs organisieren, reagierten skeptisch. Geld müsste auch in eine bessere Infrastruktur und Busse mit alternativen Antrieben gesteckt werden, verlangten sie. «Wir brauchen einen runden Tisch im Öffentlichen Personennahverkehr - eine Art Strategiekommission», sagte Verbandsgeschäftsführer Tilmann Wagenknecht.
Vor einem möglichen Kabinettsbeschluss zu einem Junge-Leute-Ticket müssten die Finanzierungsfragen geklärt werden, äußerte die Infrastrukturministerin. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte ein 28-Euro-Ticket für junge Leute bis zu 28 Jahren mit Wohn- oder Ausbildungsort in Thüringen ins Gespräch gebracht. Es sei für Schüler, Azubis und Studierende gedacht. Es könnte das bestehende Azubiticket und das Ticket für Studierende ersetzen.
Ein 28-Euro-Ticket könnte durch einen Zuschuss zum bundesweiten Ticket erreicht werden, erklärte Karawanskij. Junge Leute könnten so das gleiche Ticket wie alle anderen nutzen und müssten keine Einschränkungen bei der bundesweiten Geltung in Kauf nehmen. «Mit diesem Ticket wollen wir einerseits die Mobilität junger Menschen verbessern und andererseits den Wirtschaftsstandort Thüringen stärken. Ich freue mich, dass mittlerweile auch andere Bundesländer unseren Vorschlag aufgreifen und ebenfalls die Einführung eines Ergänzungstickets für junge Menschen prüfen», sagte Karawanskij.
Mit der geplanten Einführung des Deutschland-Tickets für 49 Euro und einem möglichen Jugendticket in Thüringen wird nach Einschätzung des Verbandes Mitteldeutscher Omnibusunternehmen (MDO) die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs auf den Kopf gestellt. Verbandschef Mario König sieht darin eine Aufwertung des öffentlichen Nahverkehrs, aber auch Finanzierungsrisiken für die Busunternehmen. Nach seinen Angaben sollen die Ausgleichszahlungen für die Unternehmen auf dem Einnahmeniveau des Jahres 2019 gedeckelt werden.
«Wir kommen damit über die Krisenzeiten hinweg, aber der Nahverkehr wird damit komplett von der Politik abhängig», sagte Verbandsgeschäftsführer Wagenknecht. Stärker als bisher sollte der Umstieg auf Busse mit alternativen Antrieben und die dafür nötige Infrastruktur gefördert werden.
In Thüringen seien dafür im kommenden Jahr rund 30 Millionen Euro aus EU-Programmen vorgesehen. «Was uns fehlt, ist ein richtiges Landesprogramm», so Wagenknecht. Nach seinen Angaben fahren etwa 2000 Busse in Thüringen - bisher sind es nach seiner Schätzung aber nur 25 bis 30 E-Busse. Um das deutlich zu verändern, «reichen 30 Millionen Euro im kommenden Jahr hinten und vorne nicht», so König.
Die Einführung des 49-Euro-Tickets und die Auswirkungen auf die Busbranche, die große Teile des öffentlichen Nah- sowie des Schülerverkehrs organisiert, sei ein Thema des Mitteldeutschen Omnibustages am Donnerstag und Freitag in Gera. Dazu würden rund 170 Teilnehmer erwartet - vor allem aus Thüringen und Sachsen sowie erstmals auch aus Brandenburg.
Bund und Länder hatten sich geeinigt, ein 49-Euro-Ticket einzuführen. Der genaue Zeitpunkt steht allerdings noch nicht fest. Mit einem Start am 1. Januar 2023 sei aus derzeitiger Sicht aber nicht zu rechnen, so das Thüringer Ministerium. Die Finanzierung des 49-Euro-Tickets soll zu gleichen Teilen vom Bund und den Ländern getragen werden. Thüringen müsste aus der Landeskasse allein dafür rund 34 Millionen Euro beisteuern.
© dpa-infocom, dpa:221116-99-537412/3