Verfassungsschutz lieferte mehrere Seiten zu Sesselmann
Für die Überprüfung der Verfassungstreue des Thüringer AfD-Landrats Robert Sesselmann hat der Landesverfassungsschutz mehrere Seiten zugeliefert. «Es wurden Informationen im Rahmen des gesetzlich Zulässigen und Möglichen übermittelt - auf mehreren Seiten», sagte Behördenpräsident Stephan Kramer dem «Freien Wort» (Dienstag).
Sesselmann war Ende Juni zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden. Weil die Thüringer AfD vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde und beobachtet wird, wurde Sesselmanns Verfassungstreue überprüft - von Rechts wegen. Zuständig war das Landesverwaltungsamt. Dieses kam zum Schluss, bei Sesselmann seien derzeit keine konkreten Umstände zu sehen, «die von hinreichendem Gewicht und objektiv geeignet sind, eine ernsthafte Besorgnis an dessen künftiger Erfüllung der Verfassungstreuepflicht auszulösen».
Die Behörde nahm für ihre Überprüfung auch Bezug zur Einstufung des Thüringer AfD-Landesverbandes durch den Verfassungsschutz. «Dies impliziert, dass (einzelne) Mitglieder des AfD-Landesverbands Thüringen rechtsextremistische Bestrebungen verfolgen», hatte das Landesverwaltungsamt mitgeteilt. Demnach sei im konkreten Einzelfall zu überprüfen gewesen, ob Sesselmann «zu dieser Gruppe der AfD-Mitglieder gehört».
Kramer zeigte sich im Gespräch mit dem «Freien Wort» verwundert über diese Formulierung. Der Verfassungsschutz habe seine Einschätzung zur AfD bereits in seinem Bericht für 2021 «dargelegt und konkretisiert». Kramer sagte dem «Freien Wort»: «Vor diesem Hintergrund finde ich die Formulierung des Landesverwaltungsamtes dazu, was unsere Einschätzung impliziere, durchaus interessant.»
In dem Bericht bezifferte der Verfassungsschutz «das rechtsextremistische Personenpotenzial in Thüringen» Ende 2021 auf insgesamt 2270 Personen. 1200 davon ordnete der Verfassungsschutz der AfD zu. Nach eigenen Angaben der Thüringer AfD hatte der Landesverband Ende 2021 aber nur 1313 Mitglieder, so dass die Schnittmenge demnach sehr groß sein dürfte.
Kramer sagte, wie das Landesverwaltungsamt zu seiner Lesart der Geheimdiensteinschätzung gekommen sei, wisse er nicht. Zugleich wollte er das Ergebnis der Behörde zur Überprüfung Sesselmanns nicht kommentieren.
© dpa-infocom, dpa:230718-99-441649/2