Verband: Energiekosten bedrohen Existenz von Museen
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Verband: Energiekosten bedrohen Existenz von Museen

14.09.2022

Der Thüringer Museumsverband sieht viele der Museen im Bundesland nicht ausreichend auf eine mögliche Energiekrise in diesem Winter vorbereitet. Bereits jetzt seien vereinsgetragene Museen existenzbedrohend von stark gestiegenen Energiekosten betroffen, sagte die Vizepräsidentin des Museumsverbands, Franziska Zschäck, am Mittwoch in Erfurt. Gerade einmal 30 bis 40 Prozent der Häuser seien zudem bisher in Notfallverbunden organisiert, informierte der rund 230 Mitglieder starke Verband.

Ein Notfallverbund ist ein Zusammenschluss mehrerer Museen, Archive und Bibliotheken auf lokaler oder regionaler Ebene mit dem Ziel, sich im Notfall mit Material und Personal gegenseitig zu unterstützen. Auch die Vorbereitung auf einen Notfall wird gemeinsam erarbeitet. Dazu gehört in der Regel auch die Kooperation mit den Gefahrenabwehrbehörden vor Ort. Nachdem ein Kabelbrand in der Weimarer Anna Amalia Bibliothek 2004 einen verheerenden Großbrand ausgelöst hatte, hatten sich in Thüringen erste Verbunde geschlossen.

Sollten die Museen im Falle einer Gasmangelversorgung in den kommenden Wintermonaten nicht richtig geheizt werden können, habe das nicht nur Folgen für den Besucherbetrieb und die Angestellten in den Museen, sondern vor allem für die Exponate, sagte Zschäck. Für diese seien eine stete Temperatur und Luftfeuchtigkeit wichtig. Bei Veränderungen könne es etwa zu schädigender Kondensfeuchtigkeit und Schimmel kommen, und die Kunstwerke könnten Schaden nehmen. Der Verband rät den Museen in Thüringen, bis Ende September, spätestens Oktober, bestmöglichst auf mögliche Szenarien vorbereitet zu sein.

Gemeinsam mit der Staatskanzlei und Fachleuten hat der Verband eine Handlungsempfehlung für die Thüringer Museen erarbeitet, in denen frühzeitige Maßnahmen für den «Ernstfall» dargelegt werden. In diesem wird unterschieden in einen weitgehend regulären Museumsbetrieb, ein Herunterfahren der Museen auf einen Minimalbedarf und den schlimmsten Fall, in dem kein regulärer Museumsbetrieb mehr möglich ist.

«Wir versuchen einfach zu sensibilisieren», sagte Zschäk. Ohne, dass die Häuser sich Gedanken machten, seien im Ernstfall schwere Folgen für die temperaturempfindlichen Objekte zu erwarten. «Und von den Trägern wird das teilweise nicht gesehen.» «Wenn wirklich der Strom ausfällt, haben wir auch ein Sicherheitsproblem», ergänzte Verbandspräsident Thomas T. Müller.

Auch die Provenienzforschung stelle die Thüringer Museen weiter vor eine große Herausforderung. Die meisten Museen kämpfen nach Angaben des Verbands «seit Langem mit extremem Personalmangel und unzureichender technischer Ausstattung und geringen finanziellen Ressourcen». So könnten bisher nur die gut aufgestellten Museen der Klassik Stiftung Weimar, der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und seit kurzem auch das Lindenau-Museum Altenburg bei der Forschung erfolgreicher sein.

Seit dem Sommer 2021 gibt es eine Koordinierungsstelle Provenienzforschung in Thüringen, die sich unter anderem mit NS-Raubkunst beschäftigt. Bei der Forschung nach unrechtmäßig entzogenem Kulturgut aus der Sowjetischen Besatzungszone oder DDR-Zeit, die es einer Verbandsumfrage zufolge in nahezu alle Museen in Thüringen im Bestand gibt, fehlen noch rechtliche Grundlagen.

Insgesamt zeigte sich der Verbandsvorstand jedoch optimistisch. «Wir gehen davon aus, dass Museen in diesem Winter nicht geschlossen werden», sagte Noch-Vizepräsident Roland Krischke. Die Museen hätten nach zwei Jahren Corona-Pandemie zudem gelernt, «wie wir mit den Dingen umgehen müssen», sagte Zschäck. Die Besuchszahlen seien während des Sommers durchgehend zufriedenstellend gewesen, wenn auch das Niveau vor der Pandemie nicht wieder erreicht worden sei. Ältere Gäste und Schulklassen finden demnach noch nicht wieder in demselben Maß wie früher den Weg ins Museum.

Ab Freitag wird der bisherige Vize Krischke Präsident des Museumsverbandes sein. Die Veränderung an der Verbandsspitze wird durch den bevorstehenden Wechsel des bisherigen Präsidenten Müller zur Stiftung Luthergedenkstätten Sachsen-Anhalt notwendig. Bei der Jahreshauptversammlung des Verbands am Donnerstag wird Müller als Präsident und Vorstandsmitglied zurücktreten. Zweiter Vizepräsident neben Zschäck wird dann Timo Mappes, der seit 2021 Vorstandsmitglied ist.

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