Umfrage: Nur jedes dritte SED-Opfer beantragt Entschädigung
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Umfrage: Nur jedes dritte SED-Opfer beantragt Entschädigung

16.02.2023

Viele Betroffene von SED-Unrecht in der früheren DDR verzichtet bisher auf Rehabilitation und Entschädigung. Nur 36 Prozent der Gruppe hätten einen entsprechenden Antrag gestellt, ergab eine Allensbach-Umfrage, die der Jurist Johannes Weberling am Donnerstag vorlegte. Von den gestellten Anträgen wurde demnach fast die Hälfte - 45,3 Prozent - abgewiesen oder nur teilweise akzeptiert. Kam ein Nein vom Amt, ließen 70 Prozent der Antragsteller dies nicht gerichtlich überprüfen.

Als SED-Opfer gelten unter anderem Menschen, die in der DDR zu Unrecht inhaftiert waren, aber auch jene, die zum Beispiel wegen Kritik am System berufliche Nachteile hatten. Auf Grundlage der sogenannten Unrechtsbereinigungsgesetze können sie sich auf Antrag rehabilitieren - also das erlittene Unrecht feststellen lassen. Gegebenenfalls können sie eine Entschädigung bekommen.

Weberling hatte die Präsentation der ersten Umfrageergebnisse für eine Veranstaltung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorbereitet. Der Redetext lag der Deutschen Presse-Agentur vorab vor. Das Institut für Demoskopie Allensbach hatte in Zusammenarbeit mit dem Projekt «Rechtsfolgen politischer Verfolgung im wiedervereinigten Deutschland» an der Europa-Universität Viadrina 1006 repräsentativ ausgewählte Personen ab 16 Jahren befragt. Zusätzlich wurden SED-Opfer und deren nahe Angehörige in die Umfrage miteinbezogen, um eine bessere Aussagekraft zu bekommen, wie Weberling erklärte. Das waren nach seinen Worten 298 zusätzliche Personen.

«Regelrecht erschrocken waren wir darüber, dass fast 40 Prozent der Betroffenen nach nunmehr über 30 Jahren der Aufarbeitung nicht ausreichend über die Unrechtsbereinigung Bescheid wissen, da sie sich kein Urteil darüber zutrauen», erklärte Weberling laut Manuskript. 41 Prozent der Betroffenen sahen keine Erfolgschancen, wie es weiter hieß. Jeder Fünfte (20,5 Prozent) habe nichts von der Möglichkeit einer Rehabilitation gewusst. Bund und Länder seien ihrer Pflicht zur Information offensichtlich nicht nachgekommen, kritisierte Weberling.

© dpa-infocom, dpa:230216-99-624126/2

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