Abgeordnete sitzen im Plenarsaal bei einer Sitzung des Thüringer Landtags., © Bodo Schackow/dpa/Archivbild
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Überbelegung: Land will erstmals Container für Geflüchtete

04.10.2023

Thüringen will erstmals Geflüchtete auch in Containern unterbringen. Pläne dafür mit bis zu 220 Betten gebe es in der Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Eisenberg, teilte die Staatskanzlei am Mittwoch in Erfurt nach einer Sondersitzung des Kabinetts zur Flüchtlingspolitik mit. Die Videoschalte der Minister war als Reaktion auf die Überbelegung der Landeserstaufnahme in Suhl einberufen worden, die Ende vergangener Woche die Aufnahme von Geflüchteten stoppen musste. Thüringen kann damit vorerst keine vom Bund verteilten Menschen aus dem Ausland aufnehmen.

Die Einrichtung in Eisenberg verfügt nach Angaben von Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) bisher über 132 Plätze, etwa 110 seien derzeit belegt. Durch Verbesserungen im Haupthaus solle die Kapazität bis Anfang Januar 2024 um 44 Plätze steigen. Außerdem laufe die Vorbereitung für eine öffentliche Ausschreibung für Container mit 40 Betten an einem und 180 Betten an einem anderen Standort in Eisenberg. Voraussichtlich Mitte 2024 solle die Erstaufnahme Eisenberg über eine Kapazität von rund 400 Plätzen verfügen.

Auch an anderen Stellen sollen die Unterbringungsmöglichkeiten erhöht werden. Neben der Aufstellung von Containern solle in den vier Thüringer Planungsregionen jeweils eine Gemeinschaftsunterkunft entstehen. Zudem soll über eine weitere Immobilie entschieden werden, um die Außenstelle in Hermsdorf, die nur Bedingungen für einen Kurzzeitaufenthalt bietet, perspektivisch abzulösen.

Die elf Angebote für mögliche Objekte würden geprüft. «Die eingegangenen Interessenbekundungen lassen erwarten, dass ein weiterer Standort gefunden wird.» Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) solle dem Kabinett im November über die nächsten Schritte berichten.

Die Landesregierung beschäftigte sich auch mit einem Forderungskatalog, den der Hauptausschuss des Suhler Stadtrats zu Wochenbeginn an Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geschickt hatte. Danach soll es personelle Verbesserungen in der Erstaufnahmeeinrichtung geben, 15 Stellen sollen aus anderen Bereichen der Landesverwaltung dorthin umverteilt werden. Auch die Möglichkeit, eine Sporthalle der Stadt für Freizeitaktivitäten der Geflüchteten zu nutzen, würde geprüft. Zudem würde die Landespolizeiinspektion Suhl personell verstärkt.

Ebenfalls Thema der Sondersitzung waren Prognosen, wie sich die Zahl der Geflüchteten, die nach Thüringen kommen, entwickeln wird. Bei gleichbleibend anhaltendem Migrationsgeschehen sei bis Jahresende mit weiteren 4500 Geflüchteten zu rechnen, die registriert, untergebracht und versorgt werden müssten, so die Einschätzung.

In der Erstaufnahme in Suhl waren laut Landesverwaltungsamt am Dienstag noch etwa 1550 Menschen untergebracht, 1400 sind aus brandschutzrechtlichen Gründen maximal zulässig. Nach Angaben einer Sprecherin der Behörde ist eine weitere Verteilung von 84 Menschen auf mehrere Kreise bis Freitag geplant, darunter in den Ilm-Kreis, den Saale-Orla-Kreis oder das Altenburger und Weimarer Land. Geschlossen bleiben müsse die Erstaufnahme in Suhl, bis die Belegungsgrenze von 1400 unterschritten sei.

Vertreter des Suhler Stadtrats hatten die Situation als katastrophal bewertet. Personal und Infrastruktur ständen vor dem Kollaps.

© dpa-infocom, dpa:231003-99-427499/5

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