Stühle sind in einem Kreis zusammengestellt, in der Mitte stehen Kerzen., © Michael Reichel/dpa/Archivbild
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Trauerhilfe in Thüringen verstärkt nachgefragt

28.01.2023

Der Thüringer Hospiz - und Palliativverband beobachtet seit der Corona-Pandemie eine steigende Nachfrage nach Angeboten zur Trauerbegleitung. «Die Hospizdienste sprechen von einer Erhöhung der Anfragen von durchschnittlich 30 Prozent», sagte die Geschäftsführerin des Verbands, Ilka Jope. Hinzu kämen vermehrt sogenannte erschwerte Trauerverläufe, bei denen Menschen den Verlust nach dem Tod eines Angehörigen nicht alleine bewältigen können.

Die Gründe für diese Entwicklungen sieht Jope zum Großteil in den Erlebnissen während der Corona-Pandemie. Angehörige hätten wegen des Umgangs von Altenpflegeheimen oder Krankenhäusern mit den Hygienevorschriften gar nicht oder nur in äußerst begrenztem Maß die Möglichkeit gehabt, von einem geliebten Menschen Abschied zu nehmen. «In manchen Fällen sind Menschen ins Krankenhaus gekommen und dort später gestorben, ohne dass die Angehörigen sie noch einmal sehen konnten», sagte Jope. «So etwas ist sehr schwer zu verkraften.» Während der Pandemie habe keines der Thüringer Hospize für Angehörige schließen müssen.

Eine angemessene und ausgewogene Finanzierung für die Koordination der Trauerbegleitungen zu finden, mit der der Mehrbedarf abgedeckt werden kann, sei eine der wichtigsten Herausforderungen in den kommenden Jahren. Handlungsbedarf sieht der Verband auch bei politischen und gesellschaftlichen Themen: Die Diskussion über den gesellschaftlichen und persönlichen Umgang mit dem Recht auf Beihilfe zum Suizid stehe ebenso auf der Agenda wie die Verabschiedung eines Suizidpräventionsgesetzes. Seit das Bundesverfassungsgericht das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt habe, sei eine Fehlstelle entstanden, die so schnell wie möglich geschlossen werden müsse.

Grundsätzlich sei die Hospizarbeit in Thüringen aber gut aufgestellt, so Jope. Seit der Eröffnung des ersten stationären Hospizes in Bad Berka im Jahr 2005 habe sich sowohl das stationäre als auch das ambulante Angebot kontinuierlich weiterentwickelt. Heute gibt es dem Verband zufolge im Freistaat elf Hospize mit 119 Plätzen - eines davon für Kinder- und Jugendliche mit zwölf Plätzen. Drei weitere Einrichtungen seien in Altenburg, Mühlhausen und Heiligenstadt im Bau oder in Planung. Hinzu kämen 26 ambulante Hospizdienste für Erwachsene an 33 Standorten und sechs Kinderhospizdienste an zehn Standorten.

Weil bei stationären Hospizen fünf Prozent aller Ausgaben von den Einrichtungen finanziert werden müssen, seien Spenden auch weiterhin immens wichtig, betonte Jope. Trotz steigender Lebenshaltungskosten verzeichneten die stationären Einrichtungen bisher nur einen leichten Spendenrückgang. Bei den ambulanten Diensten gebe es aber durchaus große Unterschiede mit teils stark rückläufigem Spendenaufkommen.

Gerade die ambulanten Dienste seien aber sehr wichtig, weil sich laut aktueller Umfragen 80 Prozent der Befragten wünschten, zuhause sterben zu können. Dies zu ermöglichen, liege aber auch in der Verantwortung jedes Einzelnen, da dafür auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten, sagte die Verbandschefin. «Jeder sollte mehr über die eigene Sterblichkeit nachdenken und mit anderen darüber sprechen.»

Dem Thüringer Gesundheitsministerium zufolge sind zwischen 2019 und 2021 jedes Jahr jeweils mehr als 500.000 Euro in die stationäre und ambulante Hospizarbeit geflossen. Dabei sei der überwiegende Teil in die ambulanten Dienste investiert worden, sagte Ministeriumssprecherin Silke Fließ. Das aktuelle Angebot an stationären Hospizplätzen sei im Verhältnis zur Einwohnerzahl so hoch wie in keinem anderen Bundesland. «Der Hospizbereich ist in Thüringen sehr gut ausgebaut, das soll auch künftig so bleiben.»

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