Tiefensee sieht wirtschaftliche Risiken im neuen Jahr
Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee rechnet trotz vieler Risiken im neuen Jahr mit einem weiteren wirtschaftlichen Aufwärtstrend. Der Ausblick auf 2022 sei grundsätzlich positiv, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Dafür spreche, dass Unternehmen verschiedener Industriebranchen inzwischen über hohe Auftragsbestände verfügten. Es könnte Aufholeffekte geben, wenn die Knappheit bei Vorprodukten im Laufe des Jahres überwunden werde.
Zudem rechneten die meisten Experten damit, dass sich der starke Preisanstieg bei Energieträgern nicht fortsetze, so der Minister. Bei seiner Prognose blieb Tiefensee verhalten: «Das wirtschaftliche Vorkrisenniveau wird insgesamt wohl frühestens Ende 2023 wieder erreicht.»
Das Ifo-Institut Dresden geht ebenfalls davon aus, dass das Wachstumstempo der Vor-Corona-Jahre 2018 und 2019 mit Glück voraussichtlich erst Ende 2023 erreicht wird. Einige Institute sowie die Industrie- und Handelskammer Erfurt erwarten jedoch bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 zumindest das Erreichen des Vorkrisenniveaus.
Tiefensee verwies auf die Ausbreitung der Omikron-Variante und die Gefahr restriktiverer Maßnahmen ihrer Eindämmung, anhaltende Lieferschwierigkeiten bei Material und Vorerzeugnissen und den Fachkräftemangel in der Wirtschaft. «Das alles ist Sand im Konjunkturgetriebe.» Einen nachhaltigen Konjunkturaufschwung könne es nur geben, wenn es gelinge, das Pandemiegeschehen unter Kontrolle zu bringen. «Das gilt wegen der internationalen Lieferketten und wirtschaftlichen Verflechtungen nicht nur für Deutschland, sondern weltweit», sagte er.
Für die Thüringer Wirtschaftspolitik stünden darüber hinaus strukturelle Fragen ganz oben auf der Agenda wie die Beteiligung an den Megatrends Digitalisierung und Dekarbonisierung sowie der Strukturwandel nicht nur in der Automobilindustrie. «Thüringen muss sich als moderner, weltoffener Ort zum Leben, Arbeiten und Investieren präsentieren, damit es im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte und Investitionen bestehen kann», sagte Tiefensee.
Das Ifo-Institut in Dresden erwartete 2021 ein Wachstum der ostdeutschen Wirtschaft von 2,6 Prozent. Für das neue Jahr prognostizierte es ein Plus von 3,2 Prozent. Das IWH in Halle geht nur von 2,7 Prozent Wachstum 2022 im Osten aus. Im ersten Halbjahr 2021 hatte Thüringen ein Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent verzeichnet.
Erwartet wird ein weiterer Rückgang der Arbeitslosigkeit - auch weil mehr Menschen in den Ruhestand gehen als in die Erwerbstätigkeit starten. Dem Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB) zufolge wird die Arbeitslosigkeit in Thüringen um 12,9 Prozent im Vergleich zum Jahresschnitt 2021 sinken, bundesweit nur um 11,1 Prozent.
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