Heike Taubert, Finanzministerin von Thüringen., © Michael Reichel/dpa/Archivbild
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Thüringer Landeshaushalt wird zum politischen Kraftakt

04.09.2022

Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) sieht das Land mit einem Rekordhaushalt von rund 12,8 Milliarden Euro für schwierige Zeiten gerüstet. «Das ist ein Haushalt, der uns gut durch das Jahr 2023 bringen kann», sagte Taubert der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Die Ministerin appellierte vor einer Sondersitzung des Landtags an diesem Montag an die Abgeordneten, das Haushaltsvolumen nicht weiter zu erhöhen.

Der Etat sei bereits jetzt nur «durch einen erheblichen Griff in die Rücklagen» zu finanzieren. Kritik an überdurchschnittlich hohen Staatsausgaben und die Forderung nach einem Energiesicherungsfonds gespeist aus den prognostizierten Steuermehreinnahmen kam vom Chef der oppositionellen CDU-Fraktion, Mario Voigt.

Laut Taubert müssen 640 Millionen Euro aus der Rücklage genommen werden, dieses Jahr seien es 512 Millionen Euro gewesen. «Das bedeutet, wir können unsere Ausgaben nicht allein aus den Einnahmen decken. Das ist eine Bürde, die wir mit uns schleppen», sagte die Ministerin.

Es sei aber wichtig, dass Thüringen einen nennenswerten Betrag in seiner Rücklage behalte angesichts der finanziellen Risiken durch die aktuellen Krisen und einer möglichen Eintrübung der Konjunktur. «Wir brauchen einen Puffer für die Jahre nach 2023.»

SPD-Frakionschef Matthias Hey erklärte, der Haushalt sei voller Unsicherheiten. Offen sei, wie sich die Energiekosten für Privathaushalte, aber auch für Land und Kommunen entwickelten. Um so wichtiger sei, dass das Land handlungsfähig sei und investieren könne.

Wenn die Abgeordneten in bestimmten Bereichen höhere Ausgaben wollten, sollten sie Einsparpositionen an anderen Stellen festlegen, sagte Taubert. «Der Landtag als Gesetzgeber muss Schwerpunkte setzen.» Sie hofft, dass nicht erneut eine globale Minderausgabe vom Parlament beschlossen wird, die es der Regierung überlässt, an welcher Stelle der Rotstift angesetzt wird.

Nach Angaben von Taubert steigen die Landesausgaben im Vergleich zum realen Etatvolumen in diesem Jahr um rund 900 Millionen Euro. Mehr Geld gibt es erneut für die Kommunen - allein über den Finanzausgleich seien es 115 Millionen Euro. Zudem soll ein dreistelliger Millionenbetrag mehr als in diesem Jahr in Investitionen fließen. Das Geld sei unter anderem dafür gedacht, den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern und Bauprojekte trotz Preissteigerungen abschließen zu können. 236 Millionen Euro sollen in die Tilgung von Schulden fließen, die während der Corona-Pandemie deutlich angestiegen waren.

Nach der ersten Lesung des Haushalts am Montag stehen bis Jahresende schwierige Haushaltsverhandlungen im Landtag bevor. Die rot-rot-grüne Regierung hat keine Mehrheit im Landtag - ihr fehlen vier Stimmen. Sie ist damit für einen Haushaltsbeschluss auf die Opposition angewiesen, die in den vergangenen Jahren zahlreiche eigene Forderungen hatte. Oppositionsfraktionen sind die CDU und die AfD, hinzu kommen die Gruppe der FDP und der Bürger für Thüringen mit jeweils vier Abgeordneten.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt machte die Forderung nach einem Energiesicherungsfonds auf. Er könnte aus den für 2023 prognostizierten Steuermehreinnahmen des Landes gespeist werden, die bei mehr als 400 Millionen Euro lägen, sagte er der dpa. Mit Hilfe des Fonds könnte ein Schutzschirm für die kommunalen Energieversorger gespannt werden.

Der Landesvorstand der Grünen verlangte von der Opposition, den Haushaltsbeschluss nicht bis ins nächste Frühjahr zu verschleppen. Das deute sich an, weil die CDU-Fraktion nicht etwa einzelne Posten im Haushalt kritisiere, sondern den Etatentwurf komplett ablehne, erklärte Grünen-Landessprecher Bernhard Stengele. Innerhalb der CDU-Fraktion gibt es nach dpa-Informationen auch Überlegungen, sich bei der Schlussabstimmung zum Haushalt 2023 zu enthalten.

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