Tanzschulen kämpfen wegen Pandemie weiter um ihre Existenz
Viele Tanzschulen in Sachsen kämpfen wegen der Corona-Pandemie noch immer um ihre wirtschaftliche Existenz. «Erst in etwa zwei Jahren wird sich zeigen, welche Schulen durchgekommen sind», sagte Tanzlehrer Jens Pötschke von der Tanzschule Pötschke-Nebl aus Pirna (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Tanzschulen. Bisher hätten die Unternehmen mit Hilfe staatlicher Programme ihre Rechnungen begleichen können. Die Mitarbeiter seien über das Kurzarbeitergeld aufgefangen worden.
«Ich rechne mit mindestens fünf Jahren, ehe die entstandenen Lücken und Verluste der vergangenen beiden Jahre ausgeglichen sind», sagte Pötschke, der zugleich der Regionalvorsitzende Ost des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbandes (ADTV) ist, Darin sind die Länder Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zusammengefasst. Pötschke zufolge gibt es in Sachsen 45 Tanzschulen in dem Verband mit etwa 270 Tanzlehrern und Auszubildenden.
«Es war für alle Kollegen eine sehr schwere Zeit», sagte Pötschke über die Pandemie. «Die Angst, das Geschäft, den Beruf oder die Anstellung und damit das Einkommen zu verlieren, war enorm.» Es habe jedoch bei den Tanzschülern eine große Solidarität gegeben, die oft weiter Beiträge gezahlt hätten, auch wenn die Schulen ihre Leistung nicht wie gewohnt hätten anbieten können.
Zwar seien viele Tänzer den Schulen treu geblieben, dennoch habe es etliche Abgänge gegeben, sagte Pötschke. Bei den Erwachsenen gehe es mit Neuanmeldungen nur spärlich voran. Bei den Kindern und Jugendlichen laufe es wieder stabil.
«Die Situation ist angespannt», bestätigte Kersten Nebl von der Tanzschule Nebl aus Dresden. Die Schulen hätten ihre Rücklagen angetastet. Staatliche Hilfe habe es lediglich für die Fix-Kosten gegeben. Viele Stammkunden hätten den Schulen die Treue gehalten, dennoch zähle sie nun etwa ein Drittel weniger Mitglieder.
Tassilo Lax, Chef der Dresdner Tanzschule Lax, empfindet vor allem die Verluste bei der Jugend als schmerzlich. «Etwa jeder zweite Jugendliche ist weg und bleibt weg.» Viele von ihnen hätten sich während der Pandemie neu orientiert. Bis diese Verluste ausgeglichen seien, werde es Jahre dauern, schätzte Lax. Denn es seien vor allem die jährlichen Schultanzkurse, bei denen Jugendliche ihre Liebe zum Tanzen entdeckt und den Weg in die Tanzschulen gefunden hätten. Deshalb kämen erst wieder Jugendliche nach, wenn die Schultanzkurse wie geplant stattfinden könnten. «Ehe sich das wieder normalisiert hat, das wird fünf bis sieben Jahre dauern», meinte Lax.
Bei den Erwachsenen sei der Einbruch zwar nicht so stark. Doch sei die Verunsicherung wegen der Pandemie noch immer groß, und viele blieben deshalb den Kursen und Tanzveranstaltungen fern.
«Die Verluste sind schon groß», sagte Oliver Thalheim von der Tanzschule Leipzig. «Auf der einen Seite haben einige Paare das Tanzen aufgegeben, auf der anderen Seite konnten wir keine Neukunden gewinnen. Dieses Loch tragen wir jetzt vor uns her. Wir werden zwei bis drei Jahre benötigen, um dieses Problem zu beheben.»
Während der Pandemie hatten viele Tanzschulen versucht, ihre Tänzer mit Unterricht über das Internet bei der Stange zu halten. Diese Angebote wird es Thalheim zufolge so nicht mehr geben. «Das Tanzen in der Gruppe und die Korrektur durch den Tanzlehrer sind beim Online-Unterricht nicht zu ersetzen. Tanzen, Tanzkurse und Tanzevents leben vom Miteinander.» Als eine Folge der Online-Kurse sei die verstärkte Nachfrage nach Videos geblieben, bei denen sich die Tanzschüler neu erlernte Figuren zu Hause ansehen könnten.
Mit einem Dance-Festival am Wochenende in der Leipziger Kongresshalle wollten die Schulen der Messestadt auf sich aufmerksam machen. «Es sollte das Tanzen zurück in die Mitte der Gesellschaft bringen. Wir wollten zeigen, dass man wieder unbeschwert tanzen gehen kann», sagte Thalheim.
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