Studie: Steuerkraft der Thüringer Kommunen zu gering
Thüringens Kommunen haben 2022 dank der Zahlungen von Bund und Land mit einem Überschuss von rund 370 Millionen Euro abgeschlossen. Doch ihre Steuereinnahmen seien noch immer vergleichsweise gering, heißt es im Kommunalen Finanzreport 2023 der Bertelsmann Stiftung, der am Mittwoch in Gütersloh veröffentlich wurde. «Die großen Herausforderungen der Kommunen sind die dauerhaft geringen Steuererträge. Sie bleiben abhängig von Zuweisungen des Bundes und des Landes. Hinzu tritt die ungünstige demografische Entwicklung», schreiben die Autoren der Studie.
In Thüringen seien in den vergangenen fünf Jahren die Einnahmen aus Gewerbe-, Einkommens- und Grundsteuer von 1,7 Milliarden auf 2,1 Milliarden Euro gewachsen. «Thüringen bleibt dennoch mit Mecklenburg-Vorpommern die steuerschwächste Region Deutschlands». Mit den Kyffhäuserkreis oder dem Altenburger Land lägen einige der finanziell schwächsten Kommunen Deutschlands in Thüringen. Mit Jena erreiche nur eine Stadt den bundesdeutschen Durchschnitt.
Weil ihr finanzielles Fundament schwach sei, könnten die Kommunen ihre Aufgaben auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit «voraussichtlich nicht erfüllen». Dabei gehe es um Wasserversorgung, Grünflächen, Verkehr, Energie- und Wärmewende sowie den sozialen Ausgleich in Städten und Gemeinden.
Positiv vermerkte die Studie, dass die Kommunen in Thüringen als einzigem Bundesland seit nunmehr zwölf Jahren trotz gestiegener Aufgaben durchgehend Überschüsse erwirtschafteten. 2022 sei der Überschuss je Einwohner nur in Rheinland-Pfalz höher gewesen.
«Dies ist eine beachtliche Leistung. Die Kommunen profitieren von hohen Zuweisungen und haben ihr Ausgabeverhalten angepasst», erklärte René Geißler, Professor für öffentliche Verwaltung an der Technischen Hochschule Wildau und Mitautor der Studie. Allerdings gebe es große Unterschiede bei der finanziellen Lage - einige Kommunen hätten seit Jahren mit Defiziten zu kämpfen.
Im Durchschnitt erreichen die Kommunen im Freistaat bei Steuern pro Einwohner nur die Hälfte des hessischen Niveaus. Trotz nahezu Vollbeschäftigung sei die Wertschöpfung noch zu gering. Das wirke sich auf die kommunalen Investitionen aus.
Diese hätten 2022 nahe am Vorjahreshoch von einer Milliarde Euro gelegen. Das sei ein Anstieg von mehr als 60 Prozent gegenüber 2017. Im Ländervergleich lägen die Kommunen Thüringens dennoch unter dem Durchschnitt - und ihr Investitionsrückstand wachse. Gleichzeitig seien ihre Rücklagen weiter auf ein neues Hoch von 1,8 Milliarden Euro gewachsen. Die Kommunen verfügten damit über einen Puffer bei einer Konjunkturabkühlung.
Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung erscheint seit 2008 alle zwei Jahre. Er basiert laut Stiftung auf den jeweils aktuellen amtlichen Finanzstatistiken. Nach dem Report 2023 liegen von den zehn stärksten Kommunen bei der Steuerkraft fünf in Bayern, von den zehn schwächsten neun in Ostdeutschland.
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