Marion Reiser, Politologin, nimmt an einer Pressekonferenz teil.., © Martin Schutt/zb/dpa/Archivbild
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Studie: Auf dem Land mehr Populisten und Rechtsextreme

23.05.2023

Populismus fällt einer Studie zufolge in den ländlichen Regionen Thüringens eher auf fruchtbaren Boden als in den Städten. Populistische Einstellungen seien «besonders stark in den sehr ländlichen Gebieten vorzufinden», sagte die Politologin Marion Reiser am Dienstag bei der Vorstellung des Thüringen Monitors in Erfurt. Demnach teilten 71 Prozent in sehr ländlichen Gebieten solche Einstellungen. In den städtischen Regionen ist laut Reiser die Zustimmung mit 46 Prozent «immer noch sehr hoch», aber deutlich geringer als auf dem Land.

Bei rechtsextremen Einstellungen fallen die Unterschiede geringer aus: Während der Studie zufolge 13 Prozent der Befragten in «sehr ländlichen» Regionen rechtsextreme Einstellungen vertreten, sind es in «moderat ländlichen» Gebieten 11, in «etwas ländlichen» Regionen 18 und in städtischen Gebieten 9 Prozent.

Die Daten zeigten laut Reiser, dass die rechtsextremen Einstellungen in Thüringen insgesamt konstant seien. «Sie verharren auf vergleichsweise niedrigem Niveau von 12 Prozent.» Beim vergangenen Thüringen Monitor lag der Wert bei 11 Prozent. Vor vielen Jahren waren teils deutlich höhere Werte von bis zu 30 Prozent gemessen worden. Der Thüringen Monitor wird seit dem Jahr 2001 jedes Jahr veröffentlicht.

Für die aktuelle Erhebung, die am Dienstag im Kabinett beraten wurde, waren im vergangenen Herbst 1885 wahlberechtigte Thüringer befragt worden. Zu diesem Zeitpunkt prägten Energiekrise und Energiepreisschock sowie die höchste Inflation seit mehr als 70 Jahren die öffentliche Diskussion. Der Thüringen-Monitor wird jährlich im Auftrag der Staatskanzlei von Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena erhoben.

Der Schwerpunkt der diesjährigen Auswertung lag auf der politischen Kultur in Stadt und Land. Demnach fühlen sich zwei Drittel der Thüringerinnen und Thüringer in Bezug auf die Bundesebene politisch abgehängt. In Bezug auf die Landesebene sind es 41 Prozent, wie die Auswertung ergab. Dieses Gefühl sei in ganz Thüringen verbreitet, sagte Reiser, «wir finden es auch in den Städten, allerdings in niedrigerem Ausmaß.»

Ein düsteres Bild zeichnet die Auswertung in den Bereichen Demokratie-Zufriedenheit und Vertrauen in die Institutionen. Demnach ist in Thüringen eine knappe Mehrheit der Bevölkerung mit der Demokratie unzufrieden. Der Wert zur Demokratiezufriedenheit sank im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozentpunkte auf nur noch 48 Prozent. Dies markiere den stärksten Rückgang seit 2001, heißt es in dem Bericht. Noch vor zwei Jahren waren knapp zwei Drittel der Befragten «mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland in der Praxis funktioniert», zufrieden.

Reiser ordnete ein, dass es in den vergangenen Jahren Rekordwerte bei der Demokratiezufriedenheit gegeben habe, nicht nur in Thüringen, sondern auch deutschlandweit. Gerade während der Corona-Pandemie, einer Krisenzeit, hätten sich die Bürgerinnen und Bürger hinter ihre Regierungen gestellt, erläuterte Reiser. «Was wir jetzt teilweise beobachten können, ist ein gewisser Normalisierungseffekt.» Teilweise gingen die Werte aber auch noch weiter zurück. Das lasse sich mit der aktuellen «Vielfachkrise» erklären - mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie der Klima- und Energiekrise.

Auch das Vertrauen in die Bundesregierung sank um 15 Prozentpunkte auf aktuell 22 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit 16 Jahren. Der Thüringer Landesregierung vertrauten noch 40 Prozent der Befragten. Vor allem in ländlichen Regionen lägen die Zustimmungswerte nochmals deutlich niedriger und damit auf einem besorgniserregenden Niveau, hieß es in der Studie.

© dpa-infocom, dpa:230523-99-797331/3

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