Streit über Kita-Betreuung in Thüringen
Rot-Rot-Grün und die CDU werfen sich gegenseitig vor, bei einer Verbesserung der Betreuung im Kindergarten auf der Bremse zu stehen. «Wenn die Landesregierung verhindern will, dass viele von diesen qualifizierten Fachkräften Thüringen langfristig verloren gehen, muss sie jetzt handeln. Es braucht realistische Verbesserungen beim Personalschlüssel und keine Phantomdebatten um ein weiteres beitragsfreies Kindergartenjahr», sagte der bildungspolitische Sprecher der Thüringer CDU-Fraktion, Christian Tischner am Mittwoch. Am Donnerstag soll im Petitionsausschuss des Landtags eine Petition mit dem Titel «Verbesserung des Personalschlüssels in den Thüringer Kindergärten» behandelt werden.
Linke will auch beitragsfreies Kita-Jahr
Linke-Fraktionschef Steffen Dittes reagierte auf die Vorwürfe der CDU mit Entsetzen: «Dieser Populismus ist kaum noch zu ertragen», sagte er. Linke, SPD und Grünen hätten mit einem Entwurf zum Kindergartengesetz einen Vorschlag zur Verbesserung des Personalschlüssels in den Kindergärten vorgelegt, die CDU hingegen nicht. Die Linke-Fraktion besteht in der Debatte bislang darauf, beides zu beschließen: Eine Qualitätsverbesserung in der Betreuung und ein weiteres beitragsfreies Kita-Jahr, um Eltern finanziell zu entlasten. In Thüringen sind bereits zwei Kindergartenjahre gebührenfrei, Rot-Rot-Grün will ein drittes Jahr kostenlos gestalten, im laufenden Haushalt ist dafür aber kein Geld veranschlagt.
Dittes wies darauf hin, dass die Senkung der Grunderwerbssteuer, die die CDU mit Stimmen unter anderem der AfD beschlossen hatte, 45 Millionen Euro koste. Ein beitragsfreies Kita-Jahr hingegen würde nur mit 30 Millionen Euro zu Buche schlagen. «Wir hätten eine Personalschlüsselverbesserung und eine Beitragsfreiheit längst finanziert gehabt.»
Neues Gesprächsangebot
Seit Monaten diskutieren Bildungspolitiker im Landtag über mögliche Verbesserungen im Personalschlüssel für Kindergärten. Hintergrund ist, dass Studien regelmäßig zu dem Schluss kommen, dass sich in Thüringen eine Erzieherin oder ein Erzieher in bestimmten Altersgruppen um zu viele Kinder gleichzeitig kümmern müssen. Hinzu kommt, dass laut Prognosen in den kommenden Jahren weniger Kinder in den Kindergärten betreut werden müssen. Mehrere Fraktionen wollen den Personalschlüssel so verbessern, dass trotz dieser Entwicklung kein Überschuss an Erziehern entsteht, zugleich, so die Idee, würde man die Qualität verbessern, weil sich eine Erzieherin dann um weniger Kinder kümmern müsste. Allerdings wäre eine Änderung des Kindergartengesetzes nötig, für die es eine Mehrheit im Landtag bräuchte. Dittes kündigte an, dass es ein neues Gesprächsangebot von Rot-Rot-Grün an die CDU und die FDP zu mehreren Bildungsthemen geben wird.
SPD-Bildungspolitiker Thomas Hartung zeigte sich zuversichtlich, dass eine Einigung noch gelingen kann: «Ich bin sicher, dass wir dann auch die Finanzierungsfrage geklärt bekommen, etwa durch ein Inkrafttreten des Gesetzentwurfs erst zu Beginn des Kindergartenjahres 2025», erklärte er.
Linke-Bildungspolitiker Torsten Wolf warf der CDU «parlamentarisches Maulheldentum» vor. «Wenn die CDU nicht bereit ist, Familien zu entlasten, dann sollen sie es öffentlich sagen», sagte Wolf mit Blick auf die Diskussion über ein weiteres beitragsfreies Kindergartenjahr. Zur Finanzierungsfrage sagte Wolf, ein entsprechendes Gesetz könne auch erst 2025 in Kraft treten oder Wirkung entfalten.
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