Stinkende Flüssigkeit an Kirche: Einschüchterungsversuch
Die stinkende Flüssigkeit am Eingang der evangelischen Kreuzkirche in Schleusingen (Kreis Hildburghausen) war nach Ansicht des dortigen Pfarrers Andreas Barth ein Versuch der Einschüchterung aus der rechtsextremen Szene. Diese veranstalte regelmäßig sogenannte «Heldengedenken» anlässlich des Volkstrauertages, dem die Kirche Friedensgebete entgegensetze, sagte Barth am Montag der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist uns ein Anliegen zu zeigen, dass wir andere Auffassungen als sie vertreten und für eine tolerante und bunte Gesellschaft eintreten.» Es habe bereits in der Vergangenheit immer wieder Beleidigungen und verbale Ausfälle gegen die Kirchengemeinde gegeben.
Nach Angaben der Polizei hatten Unbekannte in der Nacht zum vergangenen Sonntag eine stinkende Flüssigkeit auf einer Sandsteinplatte vor dem Eingang der Schleusinger Kreuzkirche verschüttet. Flüssigkeit und Gestank verbreiteten sich ins Innere des Gotteshauses. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung. Sie prüft nach Angaben einer Sprecherin einen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Aufzug des rechtsextremen Spektrums im Vorfeld des Volkstrauertags mit laut Polizei rund 70 Teilnehmern. Am Friedensgebet in der Kirche und einem stillen Protest hatten sich knapp 40 Menschen beteiligt.
Ermittelt werde in alle Richtungen, sagte die Sprecherin. Als Zeitraum, in dem die Unbekannten die Flüssigkeit verschütteten, kommen laut Polizei die Stunden zwischen dem Abschluss des Friedensgebets und Sonntagvormittag in Betracht. Dem Pfarrer zufolge war bereits 2020 im zeitlichen Zusammenhang mit einem rechtsextremen «Heldengedenken» eine stinkende Flüssigkeit an die Kirche geschüttet worden. Im Landkreis Hildburghausen gibt es eine relativ starke rechtsextreme Szene.
«Hass und Hetze zeigen Wirkung und aus Worten werden Taten», schrieb Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Montag in einer Reaktion im Kurznachrichtendienst Twitter. «Wer Kirchen angreift, hat jede Hemmung verloren und ist zu allem bereit», so Ramelow. Der CDU-Landesvorsitzende Mario Voigt sieht in der Tat einen Angriff auf christliche Symbole und die Religionsfreiheit, wie er ebenfalls auf Twitter schrieb.
Der in der Weimarer Republik als Gedenktag für die im Ersten Weltkrieg (1914-18) gefallenen deutschen Soldaten eingeführte Volkstrauertag wurde von den Nationalsozialisten später als propagandistischer «Heldengedenktag» missbraucht. Daran knüpft die heutige rechtsextreme Szene mit ihren «Heldengedenken» an.
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