Eine Mücke saugt Blut aus dem Arm eines Mannes., © Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
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Stechmücken unbeeindruckt von kaltem Frühjahr

24.06.2023

Wer angesichts des kalten und feuchten Frühjahrs gehofft hat, dass in Thüringen im Sommer weniger Stechmücken unterwegs sind, hat sich getäuscht: «Die Bedingungen am Jahresanfang waren zwar nicht gut für Mücken, der Juni holt aber alles wieder auf», erklärt die Mückenexpertin Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im brandenburgischen Müncheberg. Das Wetter der vergangenen Wochen biete ideale Brut- und Wachstumsbedingungen. Auch der Trend, dass sich die Lebensräume immer weiter nach Norden verschieben, halte weiter an: Stechmücken wie die Asiatische Tigermücke, die über 20 für den Menschen potenziell gefährliche Viren übertragen kann, würde mittlerweile zu den «einheimischen Arten» gezählt, weil sich bereits mehrere Generationen der Tiere in Deutschland vermehrt hätten. Neu in Deutschland sei die Koreanische Buschmücke. Ob und welche Gefahren von diesen Tieren ausgingen, sei bisher noch weitgehend unbekannt.

Doch nicht nur die eingewanderten Stechmückenarten bergen ein potenzielles Risiko: Auch die in Deutschland flächendeckend vorkommende Hausmücke könne zum Beispiel das Westnil-Virus übertragen, so Werner. Die Erreger stammten in der Regel von Zugvögeln aus dem Süden. Zwar sei das Westnil-Virus in etwa 80 Prozent der Fälle harmlos. Wer sich anstecke, entwickle oft allenfalls die Symptome einer leichten Sommergrippe. Die Gefahr durch eine massenhafte Ausbreitung mit entsprechend hohen Fallzahlen sei aber durchaus gegeben, so Werner. 2020 wurde der erste Todesfall durch eine in Deutschland vorkommende Population bekannt.

Während die Tigermücke derzeit in Thüringen nur in Jena nachgewiesen wurde, habe sich die Asiatische Buschmücke vermutlich bereits über den gesamten Freistaat verbreitet, so Werner. Genaue Daten dazu lägen den Forschern nicht vor, die Dunkelziffer sei hoch. «Wie man sich leicht vorstellen kann, ist die Mückenforschung in freier Natur so etwas wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.» Um detailliertere Informationen zu gewinnen, seien die Forscher daher auf Mithilfe angewiesen: Das Projekt «Mückenatlas», eine Kooperation zwischen dem ZALF und dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), lebe von Einsendungen durch Bürger - jeder könne so zur Forschung beitragen.

Daneben könnten Menschen selbst einiges tun, um es den Stechmücken so schwer wie möglich zu machen: Engmaschige Netze über Regentonnen und Fallrohren erschwere die Fortpflanzung einiger Arten. Besitzer von Swimmingpools sollten darauf achten, dass sich die Becken nicht zu einer Kinderstube für Stechmücken entwickelten. Andere Arten wie der Tigermücke genügten einige Zentimeter Wassertiefe - es sei wichtig, auch kleine Wasseransammlungen wie in Blumenuntersetzern zu vermeiden, so Werner. Auch das Bundesumweltamt rät, etwa Regenfässer oder Vogeltränken mindestens wöchentlich restlos zu leeren.

Besonders die Einwohner rund um den Jenaer Friedhof, wo die Tigermücke 2016 zum ersten Mal entdeckt wurde, seien aufgerufen, solche Maßnahmen einzuhalten, sagte ein Sprecher der Stadt. 2022 sei im Stadtgebiet keines der Tiere mehr gefunden worden. Den Mückenforschern zufolge gebe es aber keinen Grund zur Entwarnung.

In der Natur sind Mücken ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette - besonders im Lebensraum Wasser. Doch auch als Bestäuber von Pflanzen spielten sie eine Rolle, so Werner. In Deutschland gibt es Werner zufolge aktuell 28 Mückenfamilien. Eine davon sind die Stechmücken, die wiederum in 52 Arten aufgeteilt werden.

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