Statistikamt: Hunderte Fälle von Kindeswohlgefährdung
In Thüringen haben die Jugendämter im vergangenen Jahr mehr Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt. 667 Kinder und minderjährige Jugendliche seien akuter, eindeutiger Gefährdung ausgesetzt gewesen, teilte das Statistische Landesamt am Freitag mit. Dies entsprach einem Anstieg um fast 17 Prozent im Vergleich zu 2021. Latent gefährdet waren 679 Minderjährige - 2,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Latent bedeutet, dass es ernstzunehmende Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung gibt, der Verdacht aber nicht endgültig bestätigt werden konnte. Die Zahl der bei den Jugendämtern eingegangenen Hinweise auf mögliche Gefährdung war deutlich höher.
Insgesamt hatten die Jugendämter knapp 4000 solcher Hinweise zu beurteilen. Diese kamen unter anderem von der Polizei, Gerichten oder Staatsanwaltschaften (insgesamt 851), aber auch von sozialen Diensten (433) oder anonym (530). In gut 900 Fällen erwiesen sich die Hinweise den Angaben zufolge als unbegründet. In weiteren knapp 1700 Fällen habe ebenfalls keine Kindeswohlgefährdung vorgelegen, allerdings hielten die Jugendämter hier Unterstützungsangebote für die Familien für erforderlich.
Häufigste Form der Kindeswohlgefährdung war den Angaben zufolge Vernachlässigung mit einem Anteil von 67,5 Prozent an allen Fällen. In rund 28 Prozent der Fälle gab es Anzeichen für psychische Misshandlung. Bei 62 Minderjährigen stellten die zur Gefahreneinschätzung herangezogenen Fachkräfte der Jugendämter Anzeichen für sexuelle Gewalt fest. Oft seien die Kinder und Jugendlichen auch mehreren Gefahren gleichzeitig ausgesetzt, etwa Vernachlässigung und psychischer Misshandlung zusammen.
Am häufigsten gingen die Jugendämter Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung bei Sechs- bis Zehnjährigen nach, gefolgt von den Drei- bis Sechsjährigen und den Zehn- bis 14-Jährigen.
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