Staatsanwaltschaft: Rechtsmittel gegen «Turonen»-Urteile
Die Urteile gegen acht rechtsextreme Drogendealer am Landgericht Erfurt werden vorerst nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft Gera legte vorsorglich Revision gegen die Entscheidung im «Turonen»-Prozess vom vergangenen Mittwoch ein, wie ein Sprecher sagte. Hintergrund sei unter anderem, dass das Gericht weder eine bandenmäßige Betätigung der Verurteilten noch die Bildung einer kriminellen Vereinigung gesehen habe. Außerdem sei das Strafmaß teils deutlich hinter den Anträgen der Staatsanwaltschaft geblieben. Aber auch die Verteidiger von sechs der Angeklagten gingen nach Gerichtsangaben in Revision.
Das Landgericht hatte die fünf Männer und drei Frauen vergangene Woche hauptsächlich wegen ihrer Drogengeschäfte im großen Stil zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt. Der Hauptangeklagte erhielt elf Jahre Haft, fünf weitere wurden zu Haftstrafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt. Zwei Angeklagte erhielten Bewährungsstrafen. Alle gehören zu einer Gruppierung, die sich als «Bruderschaft Thüringen» bezeichnet. Diese gliedert sich in eine Führungsriege, die «Turonen», und deren Unterstützer, die «Garde 20».
Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor Haftstrafen von 15 Jahren für den Hauptangeklagten und zwischen fünf Jahren und drei Monaten und 13 Jahren für die weiteren Angeklagten gefordert. Für eine Frau hatte sie eine Bewährungsstrafe als angemessen erachtet.
Den von der Staatsanwaltschaft vorgetragenen Vorwurf des Bildens einer kriminellen Vereinigung gegen einige Angeklagte hatte das Gericht verworfen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass das Geld in die Finanzierung rechter Strukturen geflossen sei, hatte der Vorsitzende Richter gesagt. Vielmehr sei es darum gegangen, den Lebensstil des Hauptangeklagten zu finanzieren, der gerne teure Autos gefahren sei.
Diese Entscheidung war auch auf Kritik gestoßen. Letztlich habe das rechtsextreme Weltbild die Männer und Frauen zusammengeschweißt, hatte etwa die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss gesagt. Die zuständige Kammer verkenne, wie rechtsextreme Strukturen funktionierten. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden.
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