Sorge um Berufsnachwuchs: Fachkräftekonferenz in Schwerin
Nach Jahrzehnten mit höchster Arbeitslosigkeit sieht sich nun auch die Wirtschaft in Ostdeutschland zunehmend mit dem Problem fehlender Fachkräfte konfrontiert. Auf einer Fachkräftekonferenz Ost wollen daher die Regierungschefs der ostdeutschen Bundesländer am kommenden Montag in Schwerin mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsagenturen beraten, wie der Berufsnachwuchs gesichert und die Potenziale am Arbeitsmarkt besser genutzt werden können. Wie Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Mittwoch in Schwerin mitteilte, werden zu dem Treffen auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, und der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), erwartet.
«Die ostdeutschen Bundesländer trifft der demografische Wandel früher als andere Regionen Deutschlands. Damit ist die Sicherung des Fachkräftebedarfs bei uns noch dringlicher», konstatierte Schwesig. Geburtenstarke Jahrgänge scheiden aus dem Berufsleben aus, die Zahl der Berufseinsteiger ist drastisch gesunken. Laut Schwesig haben Branchen wie Pflege, Hotellerie und Gastronomie schon heute mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen. Insbesondere für Länder, die so vom Tourismus leben wie Mecklenburg-Vorpommern, macht sich das bereits negativ bemerkbar. Doch klagen auch Metallbaufirmen und das Handwerk zunehmend über Personalmangel.
«Nur mit ausreichend Fachkräften können wir die Zukunftsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft sichern», betonte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) als Vorsitzender der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz. Er mahnte eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern an und nahm auch die Unternehmen selbst in die Pflicht. «Gute Arbeitsbedingungen für Vollzeitbeschäftigte und Weiterbildungsangebote sind ein Ansatz, um das bestehende Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen», sagte er. Vom Bund forderte Kretschmer ein Konzept für die gezielte Zuwanderung von Fachkräften. Dazu gehöre auch, die Hürden für qualifizierte Personen aus dem Ausland zu senken.
Die ostdeutschen Länder, die nach der Wende in vielen Regionen einen Niedergang der Industrie und Massenarbeitslosigkeit erlebten, erhoffen sich vor allem durch die Energiewende neue wirtschaftliche Impulse. «Ostdeutschland erlebt gerade eine Reindustrialisierung in vielen Bereichen. Der gute Ausbau mit erneuerbaren Energien ist dafür ein wesentlicher Treiber. Das ist eine große Chance, denn die Unternehmen werden sich in Zukunft dort ansiedeln, wo der Strom produziert wird», prophezeite Schneider. Eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg sei aber das Vorhandensein von Fach- und Arbeitskräften.
Der Arbeitsmarkt gibt allerdings auch im Osten immer weniger her. Ende der 1990er Jahre war die Arbeitslosenquote in den ostdeutschen Ländern mit etwa 20 Prozent doppelt so hoch wie im Westen. Ende 2022 lag sie in Thüringen oder Brandenburg mit gut 5 Prozent fast gleichauf mit der in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. In Mecklenburg-Vorpommern war die Quote mit 7,5 Prozent etwas höher, lag damit aber auf dem Niveau von Hamburg oder Nordrhein-Westfalen.
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