Siegesmund: Thüringen muss noch zu viel Strom einkaufen
Thüringen muss nach Ansicht von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) mehr Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen. «Wir sollten uns darauf vorbereiten, dass das Zwei-Prozent-Flächenziel für Wind wahrscheinlich bald bundesweit gilt», sagte Siegesmund der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Gespräche zwischen Bund und Ländern liefen darüber bereits. Bisher ist in Thüringen gesetzlich geregelt, dass ein Prozent der Landesfläche für Windräder genutzt werden soll. «Tatsächlich sind es derzeit aber erst 0,3 Prozent.»
Bisher werde nur etwas die Hälfte des Stroms, der im Freistaat verbraucht wird, auch in Thüringen erzeugt. Damit gehe dem Land ein Milliardenbetrag an Wertschöpfung verloren. Ziel müsse mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien sein. «Wir müssen uns schnell unabhängig machen vom Bezug fossiler Energieträger.»
Siegesmund bezeichnete Wind- und Solarenergie als «Lastesel der Energiewende». Aus diesen beiden Quellen müsste das Gros der Energie kommen. Bioenergie hält die Ministerin mit derzeit etwa 270 Anlagen im Freistaat für weitgehend ausgereizt. «Wir operieren bereits an der Grenze dessen, was an verwertbarer Biomasse zur Verfügung steht.»
Während es 2021 in Thüringen bei Solaranlagen ein Plus von elf Prozent auf 37 900 gab, habe sich die Zahl der Windräder kaum erhöht. 844 Anlagen lieferten derzeit Strom. Nach Daten des Bundesverbandes Windenergie sowie des Fachverbandes VDMA Power Systems wurden 2021 im Freistaat 14 neue Windkraftanlagen mit einer Leistung von 65 Megawatt errichtet. Zugleich wurden sieben Anlagen mit elf Megawatt Leistung zurückgebaut.
«Wir müssen in Deutschland Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfachen, aber auch Bürgerenergiemodelle unterstützen und die Kommunen stärker beteiligen», so Siegesmund. «Das wird ein großer Kraftakt und ist nur im Schulterschluss von Bund und Ländern möglich.»
Das vor einigen Wochen von Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij (Linke) vorgestellte neue Landesentwicklungsprogramm sieht vor, dass nicht mehr nur die regionalen Planungsgemeinschaften, sondern auch die Kommunen Standorte für Windräder ausweisen können. Würden ein Prozent der Landesfläche tatsächlich genutzt, könnten 1080 Windkraftanlagen Strom liefern.
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