Sesselmann-Wahl: Innenminister verteidigt Prüfung
Thüringens Innenminister Georg Maier und mehrere Landtagsfraktionen haben die Überprüfung des AfD-Landrats Robert Sesselmann verteidigt. Die wehrhafte Demokratie sei keine Worthülse, sagte der SPD-Politiker Maier am Mittwoch im Landtag in Erfurt. Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling bezeichnete den Vorgang als einen «Kernbestandteil einer wehrhaften Demokratie». Der AfD warf sie vor, sich schon in einer Diktatur zu wähnen, «nur weil sie Gesetze einhalten muss». Wenn die AfD mit dem Vorgehen des Rechtsstaates nicht einverstanden sei, könne sie die Mittel des Rechtsstaates nutzen und klagen, sagte sie.
Die AfD hatte Sesselmanns Überprüfung als Skandal und als Angriff auf die Demokratie bezeichnet und eine Aktuelle Stunde im Landtag dazu beantragt.
Sesselmann wurde am 25. Juni in einer Stichwahl zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt. Seine Partei wird in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Sesselmann ist im Vorstand des Thüringer AfD-Landesverbandes und auch Teil der Thüringer AfD-Fraktion mit ihrem Vorsitzenden Björn Höcke.
Aufgrund der Einstufung durch den Verfassungsschutz startete das Landesverwaltungsamt ein Prüfverfahren. Maßstab der Prüfung ist vor allem die Frage, ob Sesselmann jederzeit Gewähr dafür bietet, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne von Grundgesetz und Landesverfassung einzustehen.
Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller sagte im Parlament, Sesselmann habe nie etwas verfassungswidriges getan. «Das ist keine Verfassungsprüfung, das ist eine Gesinnungsprüfung.»
Zuletzt war in der öffentlichen Debatte auch die Frage in den Blick geraten, ob eine umfassende Überprüfung Sesselmanns nicht auch vor der Landratswahl hätte stattfinden können. Maier sagte zu diesem Punkt, diese könne durch den Wahlausschuss nicht detailliert geleistet werden. «Der ehrenamtlich tätige Wahlausschuss hat in sehr kurzer Zeit eine Entscheidung zu treffen.»
Die Wahlorgane seien unabhängig und nicht an Weisungen der Kommunalaufsicht gebunden, erklärte Maier. Der Gesetzgeber habe der Rechtsaufsichtsbehörde die Aufgabe zugewiesen, bei Vorliegen von Indizien von Amts wegen eine Wahlprüfung nach der Wahl zu starten. Maier sprach hier von einem «Korrektiv», weil durch die kurzen Fristen tiefgründige Prüfungen durch die Wahlausschüsse nicht möglich seien. Rechtsaufsichtsbehörde ist in diesem Fall das Thüringer Landesverwaltungsamt in Weimar, wo derzeit noch die Prüfung läuft. Es kann dafür beispielsweise Informationen vom Landesverfassungsschutz oder dem Bundesarchiv einholen.
Der FDP-Abgeordnete Dirk Bergner warf der AfD vor, mit der Aktuellen Stunde Empörung «über Vorgänge zu schüren, die sich nach bestehenden Gesetzen richten».
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