Seguin: «Wir waren eine unglaubliche Gemeinschaft»
Wolfgang Seguin erinnert sich an den 8. Mai 1974 als sei es gestern gewesen. Der heute 79 Jahre alte Mittelfeldspieler des 1. FC Magdeburg erzielte damals im «De Kuip» von Rotterdam das 2:0 im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegen AC Mailand. Dieser Treffer bedeutete den einzigen Sieg einer DDR-Clubmannschaft in einem europäischen Cup-Endspiel. Im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur spricht Seguin über sein Tor, den Trainer und die einzigartige Kameradschaft im Team.
War das Tor von Rotterdam der wichtigste Treffer ihrer Karriere?
Wolfgang Seguin: «So viele Tore habe ich ja nicht geschossen. In den über 500 Spielen für Magdeburg waren es vielleicht 80 oder 90. Ich bin kein Statistiker. Aber ja, sicherlich war es genauso wichtig wie im Pokalfinale 1979 das 1:0 gegen den BFC Dynamo in der Verlängerung.»
Was war ausschlaggebend für den Endspielsieg gegen eine von den Namen her hoch überlegene italienische Mannschaft?
Seguin: «Trainer Heinz Krügel hat uns mit den Worten aufs Feld geschickt: Wer die meisten Zweikämpfe gewinnt, gewinnt das Spiel. Er wollte Ballbesitz, egal, ob es weh tut. Mimosen brauchte er nicht. Insgesamt muss man aber auch sagen, dass die ganze Mannschaft und der Trainerstab eine Einheit waren. Wir kamen ja alle aus dem damaligen Bezirk Magdeburg, wir waren eine sehr junge Mannschaft, es war eine unglaubliche Gemeinschaft. Und Krügel war für uns eine Respektsperson. Er konnte eine Mannschaft mit seinen Reden mitreißen, motivieren. Er hat jedem vor dem Spiel gesagt, was seine Stärken sind und daran erinnert, diese auszuspielen. Und so war es ja dann auch.»
Ist man durch den Europapokalsieg reich geworden?
Seguin: «Wir konnten uns nicht beschweren. Wir bekamen für den Aufenthalt in Holland 75 Gulden. Die Siegprämie, das waren fünf Millionen Schweizer Franken, hat der Verband einkassiert und für das Trainingslager der Nationalmannschaft vor der WM 74 in Schweden verwendet. Wir haben jeder 5000 DDR-Mark und ein Auto bekommen, aber das Auto musste man selbst bezahlen. Wir brauchten nur nicht 13 Jahre darauf warten.»
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