Schwere Verstöße bei Einstellungen der Regierung
  • Nachrichten

Schwere Verstöße bei Einstellungen der Regierung

14.03.2023

Der Rechnungshof hat die Einstellungspraxis der rot-rot-grünen Landesregierung scharf gerügt. Ein am Dienstag von den Rechnungsprüfern veröffentlichter Sonderbericht wirft der Landesregierung vor, das Leistungsprinzip in den Auswahlverfahren missachtet zu. «Die Verstöße waren systematisch und schwerwiegend. Es handelte sich nicht nur um Einzelfälle», sagte Rechnungshofpräsidentin Kirsten Butzke. Bei den Einstellungen von Staatssekretären habe es in keinem der geprüften Verfahren erkennbar eine Bestenauslese gegeben.

Die Landesregierung habe damit gegen den Leistungsgrundsatz bei der Bewerberauswahl verstoßen. Defizite bei Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistung könnten nicht durch das besondere politische Vertrauen ausgeglichen werden hieß es. «Ungeachtet der
verfassungsrechtlichen Vorgabe und der klaren gesetzlichen Ausformung hat die Landesregierung das Leistungsprinzip nicht durchgesetzt», stellte Butzke fest. Es dürfe bei den Bürgern keinesfalls der Eindruck entstehen, eine Bestenauslese sei entbehrlich oder durch politische Einstellungen ersetzbar.

Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff, erklärte: «Die Landesregierung hält weiterhin an der begründeten Auffassung fest, dass bei der Einstellung von Staatssekretärinnen und Staatssekretären in jedem Fall der Grundsatz der Bestenauslese aus Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz beachtet wurde.» Den deutlich gewordenen Defiziten in der Dokumentation von Auswahlverfahren werde begegnet. Das betreffe etwa Tätigkeitsdarstellungen beziehungsweise Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile vor der Besetzung entsprechender Stellen.

Es werde weiter eine Diskussion über das notwendige Maß an Stellen im Leitungsbereich oberster Landesbehörden geführt. Bei Bedarf würden Anpassungen vorgenommen. Zudem habe die Landesregierung bereits angekündigt, das Thüringer Laufbahngesetz zu ändern - ein Vorschlag werde zeitnah vorgelegt, so die Landesregierung.

Zuvor waren bereits Details aus dem vorläufigen Bericht der Rechnungsprüfer bekannt geworden, wonach ein Teil der Einstellungen von Staatssekretären in Thüringen fehlerhaft gewesen sei. Die Landesregierung hatte die Vorwürfe damals zurückgewiesen und ihr Vorgehen unter anderem mit Ausnahmeregelungen für politische Beamte begründet. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Erfurt in der Sache gegen unbekannt. Es geht um den Anfangsverdacht der Untreue. Dem vorläufigen Bericht war eine wochenlange Debatte über die Einstellungen von Staatssekretären vorausgegangen - auch im Landtag.

Staatssekretäre sind in Thüringen sogenannte politische Beamte und als solche Beamte auf Lebenszeit. Sie können jedoch jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Trotz aller Besonderheiten gilt laut dem Sonderbericht auch für politische Beamte der Grundsatz der Bestenauslese uneingeschränkt.

Die Rechnungsprüfer sehen in ihrem Bericht ebenfalls Dokumentationspflichten verletzt. So seien Laufbahnbefähigungen teilweise ohne dokumentierte Prüfung oder Begründung der gesetzlichen Voraussetzungen zuerkannt worden. Die Einstellung in einem höheren Amt sei zudem überwiegend nicht nachvollziehbar gewesen.

Der Rechnungshof forderte nun unter anderem, Besetzungen in leitenden Positionen, für die ein besonderes Vertrauensverhältnis zum jeweiligen Vorgesetzten wichtig ist, ausschließlich befristet für die jeweilige Legislaturperiode vorzunehmen. Das solle die Dienstposten der persönlichen Referenten, Leiter des Ministerbüros und Leiter der Bereiche Presse und Öffentlichkeitsarbeit betreffen. Zudem empfahlen die Prüfer, Führungsposten auf ein notwendiges Maß
zu reduzieren.

Die CDU-Fraktion verlangte eine Erklärung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dazu. «Das moralische Kartenhaus von Rot-Rot-Grün fällt in sich zusammen. Wer derart hohe Maßstäbe an andere anlegt, darf sich bei eigenen Verfehlungen nicht wegducken, wie Herr Ramelow und sein Staatskanzleichef es seit Monaten tun», erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Andreas Bühl. Der Kern der Verfehlungen sei nun bestätigt: Die Einstellung von hochrangigen Mitarbeitern der Ramelow-Regierung sei in vielen Fällen rechtswidrig und nicht nachvollziehbar.

Die FDP-Gruppe im Landtag warf der Landesregierung erneut Vetternwirtschaft vor, die von einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden solle. Es gelte nun, weiteren Schaden vom Land abzuhalten. «Alles andere würde das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat noch mehr erschüttern als es die Missachtung von Verfassungsgrundsätzen durch die Ramelow-Regierung bereits getan hat», erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen im Parlament, Robert-Martin Montag.

Links

© dpa-infocom, dpa:230314-99-950860/4

Teilen: