Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), Chef der Thüringer Staatskanzlei., © Bodo Schackow/dpa
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Schellenberger: Für Freiheit aufzustehen, verdient Respekt

17.06.2023

Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Gunnar Schellenberger hat den Mut der Menschen gewürdigt, die sich vor 70 Jahren am Volksaufstand in der DDR beteiligt haben. «Dieser 17. Juni gehörte zweifellos zu den Schlüsseldaten der jüngeren deutschen Geschichte, auch wenn er in der gesamtdeutschen und europäischen Bedeutung noch immer nicht angemessen wahrgenommen wird», sagte Schellenberger am Samstag bei einer gemeinsamen Gedenkstunde von Landesregierung und Landeshauptstadt Magdeburg. Der 17. Juni zeige: «Für Freiheit aufzustehen, verdient Respekt, auch wenn nicht unmittelbar der Erfolg sichtbar ist.»

Am 17. Juni 1953 hatten in der gesamten DDR etwa eine Million Menschen gegen höhere Arbeitsnormen, aber auch gegen die Sozialistische Einheitspartei SED und die deutsche Teilung, für freie Wahlen und mehr Wohlstand demonstriert. Die sowjetische Besatzungsmacht, die DDR-Volkspolizei und die Staatssicherheit stoppten die Proteste. Mindestens 55 Menschen wurden getötet, mehr als 10.000 wurden verhaftet.

«Es ging um nichts Geringeres als um die Freiheit damals vor 70 Jahren in der DDR», sagte Landtagspräsident Schellenberger. «Der Ruf der Bauarbeiter an der Stalin-Allee in Ost-Berlin war: «Kollegen, reiht euch ein, wir wollen freie Menschen sein.»» Auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts hätten fast flächendeckend Arbeiter, Bauern und Bürger demonstriert. «Der 17. Juni 1953 ist blutig verlaufen. Und heute gedenken wir den mutigen Männern und Frauen, die damals Opfer der Gewalt des Staates wurden, die ihr Leben ließen oder die nach der Zerschlagung des Aufstandes verhaftet und zu langen Gefängnis- oder Zuchthausstrafen verurteilt wurden.»

«Tagesschau»-Sprecherin Susanne Daubner, in Halle/Saale geboren und 1989 noch vor der Grenzöffnung in den Westen geflohen, sagte in ihrer Rede zum 17. Juni 1953: «Für mich symbolisiert dieser Tag den Anfang vom Ende der DDR.» Sie betonte die Bedeutung von Zeitzeugen. «Wir müssen Zeitzeugen noch viel öfter zu Wort kommen lassen, denn sie werden in absehbarer Zeit verstummen.»

Daubner gestaltete ihre Rede sehr persönlich. «Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, auch er ist noch kurz vor dem Mauerbau in den Westen geflüchtet.» Sie berichtete von ihrem Leben in der DDR zwischen Alltag, Anwerbeversuchen der Stasi und zunehmender Distanz zum DDR-System bis zur Flucht in den Westen. Daubner appellierte insbesondere an junge Menschen: «Bringen Sie sich ein, hinterfragen Sie auch. Haben Sie den Mut, dieses höchste Gut Freiheit wann immer es notwendig wird zu verteidigen.»

Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) stellte den Zusammenhang zwischen den Protesten 1953 und dem Ende der DDR her: «Der 9. November 1989 war die Erfüllung eines Traums, der 1953 noch nicht Wirklichkeit werden konnte, sondern durch russische Panzer brutal niedergewälzt wurde.» Zieschang betonte, es sei wichtig, heute Anknüpfungspunkte für die eigene Geschichte und Gegenwart zu finden. Sie hob ein Projekt Magdeburger Schülerinnen und Schüler hervor, die Zeitzeugen interviewt haben. Die unmittelbare Erlebnisgeneration und die heutige Schülergeneration zusammen zu bringen sei wertvoll, gerade weil es heute in vielen Familien nicht mehr die Möglichkeit gebe, nach den Ereignissen von 1953 zu fragen.

In vielen Orten in Sachsen-Anhalt wurde am Samstag an den Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 erinnert.

© dpa-infocom, dpa:230616-99-82806/6

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