Ramelow will Blockade im Untersuchungsausschuss umgehen
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat einen Vorschlag gemacht, um eine drohende Blockade eines Untersuchungsausschusses zu umschiffen. «Demokraten dürfen sich nie von Herrn Höcke und seiner AfD blockieren lassen!», schrieb Ramelow am Montag in einer Mail und plädierte darin für einen Unterausschuss innerhalb des Haushalts- und Finanzausschusses.
Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt hatte am Sonntag klargemacht, dass er den umstrittenen AfD-Politiker Björn Höcke nicht als Vize-Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses sehen will. «Herr Höcke ist für die CDU unwählbar, das ist auch der AfD bekannt», sagte Mario Voigt. Voigt warf der AfD vor, mit der Nominierung Höckes für den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden, die Arbeit des Gremiums zu blockieren.
In Thüringen gelten Untersuchungsausschüsse ohne gewählten stellvertretenden Vorsitzenden als nicht arbeitsfähig. Zumindest legt das ein entsprechendes Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Thüringer Landtags nahe. Darin kommen die Experten zu dem Schluss, «dass die Konstituierung eines Untersuchungsausschusses ohne stellvertretenden Vorsitzenden erheblichen verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt wäre». Dass der Thüringer AfD-Landespartei- und Fraktionschef aber mit einer sicheren Mehrheit in den Untersuchungsausschuss gewählt wird, gilt als fraglich. In der Vergangenheit scheiterten AfD-Kandidaten für Parlamentsgremien oder -posten immer wieder.
Voigt betonte, dass die Christdemokraten Höcke nicht wählen könnten. «Mit der Nominierung ihres erwiesen rechtsextremistischen Fraktionschefs hilft die AfD der Ramelow-Regierung, die Aufklärung ihrer Posten-Affäre weiter zu verschleppen.» Ramelow hingegen betonte, die Landesregierung scheue einen Untersuchungsausschuss nicht. Im Landtag hatten auch Linke, SPD und Grüne für die Einsetzung des Gremiums gestimmt.
Der Untersuchungsausschuss soll mögliche Fehler und Versäumnisse der rot-rot-grünen Landesregierung bei wichtigen Personalentscheidungen aufklären. Die Minderheitsregierung von Ramelow (Linke) steht wegen eines Prüfberichts des Landesrechnungshofes seit Monaten massiv in der Kritik. Darin werden der Landesregierung systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vorgeworfen. Bei der Einstellung etwa von Staatssekretären sollen beispielsweise die Bestenauslese nicht beachtet worden und die Dokumentationspflicht verletzt worden sein. Auch die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittelt - wegen des Anfangsverdachts der Untreue.
Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden des Gremiums hat die Linke-Fraktion, die den 62 Jahre alten Knut Korschewsky nominiert hat. Der langjährige Parlamentarier hat bereits mit einem anderen für die Landesregierung heiklen Gremium Erfahrungen gesammelt: Korschewsky war Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses, der mögliche Fehler des damaligen Grünen-Justizministers Dieter Lauinger aufklären sollte. Vorschlagsrecht für den stellvertretenden Vorsitzenden im Ausschuss zur Personalpolitik hat die AfD-Fraktion, die Höcke in das Gremium schicken will.
Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft und beobachtet. Selbst unter CDU-Abgeordneten, die in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht gänzlich ausschlossen, galt Höcke bislang immer als unwählbar, was auch teils bei den Ergebnissen von Wahlen für andere Gremien im Landtag sichtbar wurde.
Noch ist nichts entschieden, doch AfD und CDU bezichtigen sich bereits gegenseitig, die Arbeit des Gremiums zu verhindern. Der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer AfD-Fraktion, Torben Braga, nannte den Vorwurf, seine Fraktion wolle die Arbeit des Untersuchungsausschusses blockieren, «absurd». «Es ist die @cdu_fraktion_th, die offenkundig kein Interesse an einer Aufklärung hat nachdem der zu untersuchende Zeitraum um die Zeit ihrer Regierungsbeteiligung erweitert wurde», schrieb Braga bei Twitter.
Als der Ausschuss eingesetzt wurde, stimmten die AfD zusammen mit Linken, SPD und Grünen dafür, den Untersuchungszeitraum auszuweiten und auch das Agieren von CDU-geführten Vorgängerregierungen in den Blick zu nehmen - zum Ärger der Christdemokraten.
Voigt dagegen bezeichnete das Vorgehen der AfD als «Boykottversuch», der dazu diene, die Arbeit des Parlamentes zu torpedieren. «Der einzige, dem dieses Manöver nützt, ist Herr Ramelow. Ohne den Untersuchungsausschuss können die unter der Verantwortung der Ramelow-Regierung begangenen Verstöße nicht systematisch untersucht werden», sagte Voigt.
Ramelow schrieb: «Statt sich von den Spielchen der AfD beeindrucken zu lassen, schlage ich als Ministerpräsident einen parlamentarischen Weg vor, der der Würde des Parlamentes angemessen und der Aufklärung geboten ist.»
Voigt reagierte verhalten auf Ramelows Vorschlag. «Ich erkenne an, dass Herr Ramelow einen Weg sucht, um die Fehler seiner Regierung aufzuarbeiten. Der Vorschlag führt aber nicht zu Aufklärung», sagte Voigt der dpa. Einem Unterausschuss fehlten demnach die «entscheidenden Befugnisse».
Links
© dpa-infocom, dpa:230529-99-868128/4