Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) spricht zu Journalisten., © Daniel Vogl/dpa/Archivbild
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Ramelow: MPK-Beschlüsse nur mit Rechtsgrundlage mittragen

10.02.2022

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dringt auf gesetzliche Vorgaben vom Bund im Umgang mit der Corona-Pandemie in den Bundesländern. Der Bund müsse die Voraussetzung für klare Maßnahmen schaffen, die widerspruchsfrei in allen Bundesländern umgesetzt werden können, forderte Ramelow am Donnerstag in Erfurt. «Ich erwarte, dass der Bund Vorgaben macht. Daran werden wir uns halten», sagte der Linke-Ministerpräsident, der in Thüringen eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung anführt, die im Parlament keine Mehrheit hat und im Parlament auf vier Stimmen aus der Opposition angewiesen ist.

Er forderte ein «einheitlicheres und ein schlichteres System, das viel stärker auf das Bundesinfektionsschutzgesetz» abstelle. Ramelow kritisierte eine Widersprüchlichkeit im Pandemiemanagement in Deutschland. Man sei in der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) immer gut damit gefahren, wenn die MPK-Beschlüsse dann auch in gesetzliche Vorgaben umgesetzt worden seien. «Und da sind wir jetzt in ein Dilemma geraten», sagte Ramelow. Man müsse feststellen, dass es beispielsweise bei der Frage um 2G- oder 3G-Regelungen im Einzelhandel keine bundeseinheitliche Regelung gebe.

Der Bund müsse sich entscheiden, sagte Ramelow. «Ich werde nur keine allgemeinen MPK-Beschlüsse zur Pandemieeindämmung mehr mittragen können, die nicht auf dem Infektionsschutzgesetz basieren», sagte Ramelow.

Bereits in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich Ramelow über die Corona-Politik der Bundesregierung beschwert. Man stelle in Thüringen fest, dass «geltende Regelungen andernorts durch Gerichtsentscheidungen unwirksam beziehungsweise durch Entscheidungen anderer Länder außer Kraft gesetzt oder seitens einzelner Mitglieder der Bundesregierung in ihrem Nutzen infrage gestellt werden», schreibt der 65-Jährige darin. Der Brief ist auf den 7. Februar datiert. Ramelow zeigt sich darin besorgt, dass die Akzeptanz des Pandemiemanagements weiter abnehmen könnte.

Um diese Widersprüchlichkeit aufzulösen, schlägt der Linke-Politiker vor, einen Stufenplan in das Bundesinfektionsschutzgesetz aufzunehmen. In Thüringen gibt es ein solches Modell schon seit Monaten. Es regelt, unter welchen Bedingungen welche Corona-Maßnahmen greifen. Dabei werden drei Faktoren beachtet: die Inzidenz, die Hospitalisierungsrate und die Belegung der Intensivstationen in den Kliniken.

Mit einem Stufenplan auf Bundesebene könne in unterschiedlich stark von Infektionen betroffenen Regionen unterschiedlich reagiert werden, argumentierte Ramelow. «Da, wo viel los ist, muss viel passieren. Wo wenig los ist, kann man auch viel herunterfahren.»

Er wies darauf hin, dass die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) nicht der Gesetzgeber sei. «Spätestens wenn das Thema Lockerungen kommt, wird es einen Überbietungswettbewerb zwischen den Ländern geben», warnte er. Die Folge sei ein weiterer Vertrauensverlust der Bürger in die Politik. «Ich glaube, dass wir jetzt an unserer Glaubwürdigkeit arbeiten müssen», betonte Ramelow. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern wollen am Mittwoch über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten.

Ramelow zeigte sich enttäuscht über die Corona-Politik der neuen Bundesregierung - vor allem mit Blick auf die Rolle von Bundeskrisenstab und Expertenkommission. Er habe gehofft, dass ein Großteil der bundesweiten Steuerung in der Pandemie über diese beiden Gremien gekoppelt werde - mit Empfehlungen, «bei denen die Ministerpräsidenten am Ende nur noch zur Kenntnis nehmen, was die Generallinie ist, um die Pandemieabwehr weiter erfolgreich betreiben zu können», sagte Ramelow.

Ramelow forderte den Bund auf zu klären, welche Corona-Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz über den 19. März hinaus verlängert werden sollen. «Der Bund ist am Zug und der Bund muss jetzt liefern.» Der 19. März ist ein Enddatum für die Corona-Maßnahmen, die im Infektionsschutzgesetz stehen. Der Bundestag müsste diese Maßnahmen also verlängern. In seinem Brief an Scholz schreibt Ramelow, er gehe davon aus, dass Regeln wie das Abstandhalten oder die Maskenpflicht auch nach dem 19. März nötig sein werden. Daher sehe er Klärungsbedarf.

© dpa-infocom, dpa:220210-99-62564/3

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