Ramelow: Keine Angst vor Neuwahl
Eine vorgezogene Neuwahl des Landtags bleibt für Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow eine Option. «Ich habe immer gesagt, ich und meine Partei scheuen vorgezogene Neuwahlen nicht. Das gilt weiterhin», sagte der Linke-Politiker dem «Freien Wort» (Montag). Den Antrag auf Neuwahl habe man im vergangenen Jahr nur deshalb nicht eingereicht, weil man damals von der AfD abhängig gewesen wäre. «Das wollten wir auf keinen Fall. Aber Angst vor Neuwahlen habe ich nicht», sagte Ramelow.
Der 66-Jährige führt im Freistaat eine Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen an. Für Mehrheiten ist die Koalition auf vier Stimmen aus der Opposition angewiesen - das macht in der Praxis die Gestaltung von Gesetzesänderungen oder auch die Haushaltsaufstellung oft schwierig. Aktuell sind die Verhandlungen zum Haushalt für das kommende Jahr ins Stocken geraten. Im Jahr 2021 gab es in Thüringen einen Anlauf für eine Neuwahl des Parlaments, der aber scheiterte.
Trotz der politisch komplizierten Situation wehrte sich Ramelow gegen den Vorwurf des Stillstands in Thüringen. «Also, das höre ich schon seit drei Jahren: Dass in diesem Land nichts vorwärts gehen würde, dass es einen Stillstand gäbe. Tatsächlich haben wir doch sehr viel bewegt seit 2019», sagte er dem «Freien Wort». Als Beispiele nannte er das in der Corona-Pandemie geschaffene Sondervermögen, das Agieren in der Energiekrise und das Verabschieden mehrere Gesetze. «Von einem Stillstand kann jedenfalls bisher doch wohl keine Rede sein.»
In Thüringen ist die nächste Landtagswahl regulär im Jahr 2024 geplant - voraussichtlich im Herbst. Ramelow hat bereits angekündigt, wieder kandidieren zu wollen. Für die restliche Zeit bis zur Wahl nannte der Regierungschef zwei Projekt, die ihm am Herzen lägen: Ein weiteres beitragsfreies Kindergartenjahr und die Schaffung einer Landesmigrationsbehörde. Migration sei für Thüringen ein «Überlebensthema». «Jeder Betrieb, in den ich komme, sagt mir, dass er Fachkräfte sucht und nicht findet», sagte Ramelow der Zeitung. Daher sei es «kreuzgefährlich, wenn Landräte mir sagen, sie könnten keine Menschen aus der Ukraine mehr aufnehmen, aber gleichzeitig höre ich, wie viele Wohnungen im ländlichen Raum leer stehen und wie viele kreiseigene Gebäude in diesen Landkreisen leer sind».
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