Prozess um Überfall in Erfurt: Angeklagter beschuldigt Opfer
Im Prozess wegen eines mutmaßlich rechtsmotivierten Angriffs in Erfurt hat einer der Angeklagten Vorwürfe gegen die Opfer erhoben. Der Vorsitzende Richter und eine Staatsanwältin äußerten zum Verhandlungsauftakt am Mittwoch vor dem Erfurter Landgericht Zweifel an Details der Darstellung.
Der Angeklagte beschuldigte mindestens zwei Opfer des Übergriffs, ihn zuerst attackiert zu haben. «Auf mich wurde eingetreten, oft eingetreten», sagte der Angeklagte kurz nach Beginn des Prozesses. Unmittelbar zuvor habe er eines der drei Opfer als angeblichen Ladendieb erkannt. Er habe sich nicht wehren können, unter anderem weil er an dem Abend sehr betrunken gewesen sei. Der Vorsitzende Richter sagte, ihm sei unklar, wie der Angeklagte den Mann eindeutig erkannt haben wolle, wenn er damals so viel Alkohol konsumiert habe, wie er selbst sage. Eine Staatsanwältin äußerte sich ähnlich.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt wirft in dem Verfahren insgesamt neun Männern und einer Frau vor, in den frühen Morgenstunden des 1. August 2020 drei Afrikaner in Erfurt-Südost angegriffen zu haben. Dabei seien die Männer von den Angeklagten massiv rassistisch beleidigt worden. Die Rufe hätten dazu beitragen sollen, andere zu einer Gewalttat anzustacheln, sagte ein Staatsanwalt während der Verlesung der Anklage. Der Übergriff hatte damals bundesweites Entsetzen ausgelöst. Die Angeklagten werden der rechtsextremen Szene zugeordnet.
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