Andre Brodocz, Politikwissenschaftler., © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
  • Nachrichten

Politologe: Minderheitsregierung kein Modell für andere

02.02.2022

Der Erfurter Politologe André Brodocz sieht Minderheitsregierungen wie die seit fast zwei Jahren laufende in Thüringen nicht als Modell für andere Länder an. «Ich glaube, dass unsere politische Kultur mit einer stärkeren Gegenüberstellung von Regierung und Opposition ein Stück weit weniger gut für solche Regierungsformen geeignet ist», sagte Brodocz der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.

In Thüringen führt der Linke-Politiker Bodo Ramelow seit fast zwei Jahren eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung, der im Parlament vier Stimmen fehlen. Sie entstand nach dem Debakel um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich (FDP) zum Thüringer Ministerpräsidenten. Für Kemmerichs Wahl am 5. Februar 2020 hatten Stimmen der AfD den Ausschlag gegeben. Das Ereignis stürzte Thüringen in eine Regierungskrise, die erst durch die Wiederwahl Ramelows am 4. März 2020 beendet wurde.

Brodocz sagte, dass es in Thüringen vielleicht die Hoffnung gegeben habe, mit der Minderheitsregierung einen politisch-kulturellen Wandel herbeizuführen. «Wir müssen aber sagen, dass wir gerade in den letzten zehn Jahren eine noch stärkere Polarisierung in der politischen Auseinandersetzung hatten.»

Dies mache es noch schwieriger, von einem Politikstil, der auf eine Gegenüberstellung von Opposition und Regierung abstellt, umzuschalten auf einen stärker beratenden Stil im Parlament. «Die Tendenz geht eher dahin, dass wir mindestens Drei-, im Zweifel sogar Vier-Parteien-Koalitionen haben werden», sagte der Politikwissenschaftler, der an der Universität Erfurt lehrt.

© dpa-infocom, dpa:220202-99-939966/2

Teilen: