Platz vor dem Parlament soll Namen der NSU-Opfer zeigen
Zehn Namen, ganz in der Nähe der «Herzkammer der Demokratie»: Mit Licht und Schatten sollen künftig die Namen der Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU auf einen Platz vor dem Thüringer Landtag projiziert werden. Das sieht ein Siegerentwurf für die Gestaltung eines Erinnerungsortes am Parlament vor, der am Donnerstag in Erfurt vorgestellt wurde. Geplant ist demnach eine Metall-Konstruktion mit Stahlbögen, auf denen zehn Stahlplatten montiert werden sollen. In diesen Metallplatten sollen die Namen der zehn vom «Nationalsozialistischen Untergrund» ermordeten Opfer gelasert sein und durch Sonneneinstrahlung auf den Boden projiziert werden.
Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer des NSU, Barbara John, hob die Beteiligung der Opferfamilien hervor, das sei etwas Besonderes. Sie lobte den ausgewählten Ort des Gedenkens und das Konzept des Siegerentwurfs. «Ich glaube, dass das Menschen bewegen wird und dass das eine Wirkung hat», sagte sie. Ein Gremium mit 13 Mitgliedern hatte sich einstimmig für den Entwurf von Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper entschieden. Unabhängig von der Jury hatten sich auch die Opferfamilien einstimmig für diesen Entwurf ausgesprochen. «Ich bezeichne das als ein kleines Wunder», sagte John.
Die NSU-Terroristen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten jahrelang im Untergrund gelebt. Die beiden Männer ermordeten acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Der NSU verübte auch Sprengstoffanschläge und beging Raubüberfälle. Das Trio wuchs in Thüringen auf und hatte sich in den 1990er Jahren in Jena radikalisiert. Untergetaucht waren Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Sachsen. Mundlos und Böhnhardt töteten sich 2011 in Eisenach nach einem Banküberfall, um ihrer Festnahme zu entgehen. Zschäpe stellte sich der Polizei, 2018 wurde sie zu lebenslanger Haft verurteilt.
John betonte: «Thüringen ist kein Täterland, aber es ist das Bundesland, aus dem die Täter kommen.» Damit trage der Freistaat eine «drückende Last». Dieser habe sich Thüringen aber nicht entzogen. John erinnerte an die Arbeit der Thüringer Untersuchungsausschüsse, die schonungslos das Versagen der Verwaltung aufgearbeitet hätten. «Das war beeindruckend». Mit der Gestaltung des Erinnerungsortes nehme das Land auch die Opfer in den Blick.
Für ihre Familien habe bei der Auswahl des Siegerentwurfes die Gefahr von Vandalismus eine große Rolle gespielt, berichtete John. Namensschilder, die leicht zertrümmert werden könnten oder in den Boden gefasste Namen, auf die Besucher hätten treten können, seien nicht das Richtige gewesen. In der Variante des Siegerentwurfs fielen die Namen dagegen auf den Betrachter.
Die Thüringens Kulturstaatssekretärin Tina Beer erläuterte, dass der neue Erinnerungsort auf Gedenken und Mahnung abziele. Die Vorsitzende der Jury, Leonie Baumann, sagte, es werde unterschiedliche Projektionsqualitäten geben - je nachdem wie die Sonne scheine. Es zeige, dass auch Erinnerungen verblassen könnten und dann wieder ans Tageslicht geholt werden müssten.
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