Personeller Neuanfang der Grünen: Neue Ministerin Denstädt
Die Grünen gehen für ihren personellen Neuanfang in der rot-rot-grünen Thüringer Landesregierung einen harten Weg: Migrationsminister Dirk Adams musste am Montag gegen seinen Willen seinen Platz am Kabinettstisch in Erfurt räumen: Er erhielt auf Wunsch der Grünen-Spitze von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Entlassungsurkunde, bestätigte eine Sprecherin der Staatskanzlei. Die Grünen präsentierten mit der Polizeihauptkommissarin Doreen Denstädt fast zeitgleich eine Nachfolgerin für Adams. Denstädt wäre nach ihrer Vereidigung voraussichtlich Anfang Februar im Landtag nach Angaben der Grünen die erste schwarze Ministerin in Ostdeutschland.
Nach dem angekündigten Rückzug von Umweltministerin Anja Siegesmund aus persönlichen Gründen besetzen die Grünen damit ihre beiden Ministerposten in der rot-rot-grünen Minderheitsregierung neu.
Umwelt- und Energieminister soll der Grünen-Landesvorsitzende Bernhard Stengele werden. Der 59-Jährige soll auch die Rolle des Vize-Ministerpräsidenten übernehmen. Die Landessprecherin Ann-Sophie Bohm sprach von einer personellen Neuaufstellung der Grünen - im Jahr vor der Landtagswahl 2024.
Die Entlassung von Adams bezeichnete Stengele als «ganz, ganz schweren Prozess. Wir waren entschieden, diesen Schritt zu gehen, aber wir konnten ihn nicht gemeinsam gehen.» In der Migrationspolitik habe es zu viele Blockaden gegeben. Adams war seit 2020 Migrationsminister, davor ab 2014 Fraktionschef der Grünen im Landtag. Er galt einigen als zu blass und zu zögerlich als Minister.
Denstädt, 1977 im thüringischen Saalfeld geboren, gehört den Grünen nach eigenen Angaben erst seit 2021 an. Sie habe großen Respekt vor der Aufgabe und wolle vor allem die Zusammenarbeit mit den Kommunen verbessern, sagte Denstädt.
Die Beamtin und Verwaltungswirtin arbeitet bisher in der Polizeivertrauensstelle im Thüringer Innenministerium. Sie habe einen direkten Zugang zu den Menschen und sei in Konfliktkommunikation geschult, begründete Landessprecherin Bohm die Personalentscheidung. Ihre Berufung sei auch ein Signal, dass Offenheit nötig ist.
Beide Personalentscheidungen sowie die Abberufungsaufforderung für Adams seien im Landesvorstand einvernehmlich getroffen worden, so die Landessprecherin. «Wir gehen mit großer Einigkeit in die Neuaufstellung.» Sie sei aber noch keine Vorentscheidung für die Spitzenkandidaten der Grünen für die Landtagswahl.
Stengele, von Beruf Schauspieler und Regisseur, kündigte an, sein Amt als Landessprecher abzugeben. Ein Nachfolger solle voraussichtlich Anfang März auf einer Delegiertenversammlung der Grünen bestimmt werden. Bohm sagte, Stengele habe nicht nur als Parteichef, sondern auch als Schauspieldirektor Leitungserfahrung gesammelt. Er selbst bezeichnet seine Vorgängerin Siegesmund als «hervorragende Lehrmeisterin».
Die 45-Jährige hatte einen Tag vor Weihnachten mitgeteilt, dass sie alle ihre Ämter aus persönlichen Gründen per Ende Januar abgeben will. Sie ist bisher in der Regierung von Ramelow auch Vize-Ministerpräsidentin und gilt als durchsetzungsstark. Die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen regiert seit 2020 ohne eigene Mehrheit und ist stets auf Kompromisse mit der Opposition angewiesen.
Die Grünen stellen im Landtag mit fünf Mitgliedern die kleinste Fraktion. Bei der Landtagswahl 2019 hatten sie 5,2 Prozent der Stimmen erhalten. In den letzten vorliegenden Umfragen lagen sie zwischen 5 und 7 Prozent - ohne erkennbaren deutlichen Aufwärtstrend.
© dpa-infocom, dpa:230109-99-156717/4