Ost-OBs wütend über gescheiterte Migrationsgespräche
Die ostdeutschen Oberbürgermeister haben die Ampelregierung und die Union nach dem Scheitern der Migrationsgespräche kritisiert. «Nicht nur ich war wütend», sagte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) nach einer Konferenz der Oberbürgermeister der ostdeutschen Städte in Magdeburg. «Das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss», sagte Jung. Die Menschen hätten kein Verständnis mehr dafür, dass man sich im Bund nicht zusammenraufe. Aus nationaler Verantwortung heraus müssten Lösungen gefunden werden, so Jung.
Die Ampelregierung und die Union hatten bei ihrem Treffen im Bundesinnenministerium keinen gemeinsamen Nenner zur künftigen Migrationspolitik gefunden. Jung, der auch Vizepräsident des Deutschen Städtetags ist, kritisierte, dass der Fokus in der Migrationsdebatte vor allem auf Grenzkontrollen liege. Es müsse auch darum gehen, Geflüchtete schneller in Arbeit zu bringen. Zudem dauerten Entscheidungen über Asylanträge weiterhin zu lang. Taktisches diskutieren auf Bundesebene und gegenseitige Beleidigungen würden nicht weiterhelfen, sagte der Leipziger OB.
Auch die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) zeigte sich enttäuscht. Sie sei ein Stück weit wütend, man habe eine andere Erwartung gehabt, sagte sie.
Bund soll Kitas verlässlich mitfinanzieren
Neben Lösungen im Bereich der Migration fordern die ostdeutschen Städte vom Bund eine langfristige Beteiligung an den Kosten für die Kinderbetreuung. Es sei zwar gut, dass der Bund weiterhin zwei Milliarden Euro pro Jahr zur Weiterentwicklung von Kitas beitragen wolle, sagte Borris. Allerdings sei die Beteiligung des Bundes im Kita-Qualitäts- und Teilhabegesetz erneut auf zwei Jahre begrenzt.
«Eine befristete Förderung folgt auf die nächste – das ist nicht das, was die Städte und die Kitaträger für eine verlässliche Planung brauchen», sagte Borris. Die Städte drängen zudem auf eine Dynamisierung der Mittel, sie sehen sich im Kita-Bereich steigenden Personal- und Betriebsausgaben ausgesetzt.
Bürger sollen vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitieren
Beim Ausbau der erneuerbaren Energie fordern die Städte ebenfalls bessere Rahmenbedingungen. Jung sagte, Ostdeutschland sei Vorreiter. Für die weitere Akzeptanz und Unterstützung der Energiewende müssten die Menschen jedoch stärker spüren, dass sie etwas vom Ausbau der erneuerbaren Energien hätten, so Jung.
Die Städte verweisen auf Modelle in mehreren Bundesländern, mit denen Erträge aus der Energiewende den Kommunen zugutekommen. In Brandenburg etwa leisteten Windanlagenbetreiber eine Sonderabgabe, die an die umliegenden Städte und Gemeinden gehe. Auch in Sachsen würden die Kommunen am Standort von Wind- und großen Solarenergieanlagen am Ertrag beteiligt, hieß es.
«Solche Modelle sollten ausgebaut werden und in allen Bundesländern möglich sein», forderte Jung. «Wenn mit dem zusätzlichen Geld ein neuer Spielplatz gebaut oder das Bürgerhaus saniert werden kann, ist das für die Menschen ein sichtbares Beispiel, dass die Energiewende auch ihre Stadt und ihre Nachbarschaft stärkt.»
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