9. November: Erinnerung, Gedenken und Aufruf zu Solidarität
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9. November: Erinnerung, Gedenken und Aufruf zu Solidarität

11.11.2022

Hass, Hetze, Antisemitismus und Gewalt dürfen aus Sicht der Thüringer Landtagspräsidentin Birgit Pommer keinen Platz in Thüringen haben. «84 Jahre nach den Angriffen auf Synagogen, Gebetshäuser, Geschäfte, Friedhöfe und Wohnungen von Jüdinnen und Juden müssen wir feststellen, dass Antisemitismus, Rassismus und viele andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nicht verschwunden sind», sagte Pommer anlässlich des 84. Jahrestages der Pogromnacht am 9. November 1938. «Es gibt noch immer Menschen in diesem Land, die die Shoa leugnen, relativieren, verharmlosen.»

Antisemitismus sei «ein Angriff auf uns alle - auf alle, die sich der Demokratie und einer freiheitlichen Gesellschaft verpflichtet fühlen», so die Landtagspräsidentin, die an der Gedenkveranstaltung für die Opfer der Pogrome teilnehmen und ein Grußwort halten wird.

Der 9. November ist aus Sicht des Vorsitzenden der Linken-Fraktion im Thüringer Landtag, Steffen Dittes, nicht nur ein Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust und des Erinnerns an die Geschehnisse 1938, sondern auch «ein Tag des Mahnens an die Verantwortung eines jeden Einzelnen in einer Gesellschaft, Jüdinnen und Juden Antisemitismus nicht schutzlos ausgeliefert zu lassen».

Antisemitismus sei in den Köpfen niemals wirklich besiegt worden. Das zeigten antisemitische und den Holocaust relativierende Stereotype und Angriffe, die bundesweit seit 2018 deutlich anstiegen. Er beklagte etwa Zerstörungen und Entweihungen von Mahnmalen und Friedhöfen, Anschläge auf das Gedenkprojekt «1000 Buchen» sowie regelmäßige Schmierereien an der Gedenkstätte Buchenwald.

Die als Pogromnacht bekannte Gewaltwelle gilt als Auftakt zur systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüsteten Nationalsozialisten etwa 7500 jüdische Geschäfte und Einrichtungen in Deutschland. Historiker gehen von mehr als 1300 Menschen aus, die in Folge des Pogroms ums Leben kamen. Mehr als 30 000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt.

Aus dem Wissen erwachse die Verantwortung, dem Gedenken und Erinnern aktives politisches Handeln gegen das Erstarken der antisemitischen und Holocaust-relativierenden Stimmen folgen zu lassen, sagte Dittes.

Dem stimmten die Vorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, und die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Madeleine Henfling, zu. «Es braucht mehr denn je eine klare Haltung und Abgrenzung der Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden gegen Rechts, aber auch und gerade seitens aller demokratischen Parteien, um klar zu machen, dass dieser Kurs der Rechtsextremen nicht unterstützt wird». sagte Henfling. Die friedliche Revolution in der DDR, die am 9. November zum Sturz der Mauer führte, zeige bis heute, «dass gelebte Zivilcourage eine Gesellschaft grundlegend und positiv verändern kann», sagte Rothe-Beinlich.

«Wie schon damals wachsen auch heute Hass und Hetze aus Stigmatisierung und der Ablehnung einer vermeintlichen Andersartigkeit», sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey. «Das haben wir 2015 erlebt und erleben es gerade wieder – auch hier in Thüringen.» Die zahlreichen Gedenkveranstaltungen in ganz Thüringen machten in der aktuellen Lage «Mut, dass wir noch immer eine lebendige Erinnerungskultur pflegen und Hass, Ausgrenzung und Hetze keinen Platz in den Großteilen unserer Gesellschaft haben».

© dpa-infocom, dpa:221108-99-431562/6

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