Neues Landesamt: Wirtschaftskammer dafür, FDP dagegen
  • Nachrichten

Neues Landesamt: Wirtschaftskammer dafür, FDP dagegen

08.02.2023

Chancen auf Fachkräfte oder eine aufgeblähte Verwaltung? Während die Industrie- und Handelskammer auf eine zügige Schaffung eines Landesamtes für Migration dringt, sieht die FDP-Gruppe im Landtag das Vorhaben kritisch. «Ein neues Amt schafft nur einen zusätzlichen Wasserkopf, löst aber die grundsätzlichen Probleme nicht», sagte der Sprecher der parlamentarischen Gruppe der FDP, Thomas Kemmerich, am Mittwoch. Die Geschäftsführerin der IHK Erfurt, Cornelia Haase-Lerch, forderte dagegen Tempo: «Viel Zeit darf sich die Landesregierung damit nun nicht mehr lassen», sagte Haase-Lerch.

Zwingend müsse aus ihrer Sicht in einem neuen Landesamt Migration «eine zentrale Stelle für ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren» installiert werden. «Denn nur mit schnellen, unbürokratischen und effizienten Verfahren können Thüringer Unternehmen im Wettbewerb um ausländische Fachkräfte punkten», sagte Haase-Lerch.

Die neue Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) hatte am Dienstag offen gelassen, wann und in welcher Form ein solches Landesamt entstehen könnte. Auch zur möglichen Personalausstattung machte Denstädt keine Angaben.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte nach der Entlassung des früheren Migrationsministers Dirk Adams (Grüne) und vor Denstädts Vereidigung gesagt, dass das Projekt unverzüglich umgesetzt werden müsse. Einen genaueren Zeitplan nannte aber auch der Linke-Politiker nicht. Denstädt bat am Dienstag noch um Geduld. Es gebe in ihrem Haus noch Gespräche, die bisherigen Konzepte würden derzeit überprüft und seien nicht mehr aktuell.

Kemmerich warf der rot-rot-grünen Landesregierung eine verfehlte Migrationspolitik vor. «Die konsequente Rückführung derjenigen, die lediglich die Hand in unserem Sozialsystem aufhalten möchten, darf nicht tabu sein. Sie hat vielmehr den Arbeitsalltag der neuen Justizministerin zu prägen», so Kemmerich. Die Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen seien nicht dem Fehlen eines Landesamtes geschuldet. Die Fehler der Landesregierung führten seiner Meinung nach dazu, «dass kaum noch sachlich über Zuwanderung und Fachkräftegewinnung gesprochen werden kann».

Die Thüringer CDU-Fraktion lehnte die Schaffung eines Landesamtes für Migration nicht prinzipiell ab. Allerdings dürfe es dabei nicht «um die Verwaltung einer weiteren ungeregelten Zuwanderung gehen». «Wie auch immer eine neue Struktur am Ende aussieht, sie muss alle Aspekte einschließlich der Rückführung umfassen», sagte der migrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Schard. Grundsätzlich sei es sinnvoll, Kompetenzen zu bündeln. Neues Personal und zusätzliche Kosten für den Steuerzahler lehne man aber ab. «Entscheidend ist zudem, dass wir uns mehr auf die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften konzentrieren.» Die Thüringer AfD-Fraktion forderte eine «Beseitigung von Fehlanreizen für die Zuwanderung ins Sozialsystem», wie ihr migrationspolitischer Sprecher Stefan Möller sagte.

Seit Jahren ringt Rot-Rot-Grün um die Schaffung eines Landesamtes für Migration. Dabei gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Vorstellungen - etwa was die Personalausstattung betrifft.

© dpa-infocom, dpa:230208-99-516886/4

Teilen: