Löschschaum liegt auf dem Dach eines Hauses., © Johannes Krey/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
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Mutmaßlicher Brandstifter: «Ich wollte sie nur erschrecken»

08.03.2023

Er ist wütend, stiehlt zwei Benzinkanister und legt ein Feuer in einem Mehrfamilienhaus. In jener schrecklichen Brandnacht im vergangenen Sommer in Apolda sterben vier Menschen. Ein 36-Jähriger beschreibt am Mittwoch vor dem Landgericht Erfurt, wie es zu dem Feuerinferno kam. Der Bulgare bestreitet allerdings eine Tötungsabsicht: «Ich wollte niemanden umbringen.» Der Mann ist psychisch krank, daher entscheiden die Richter in einem sogenannten Sicherungsverfahren über dessen Unterbringung in der Psychiatrie.

Seine Geschichte beginnt mit einer schweren Kindheit in einem bulgarischen Waisenhaus. Als Jugendlicher lebt er nach eigener Aussage als Obdachloser auf der Straße. «Ich lebte schlechter als ein Hund, ein Hund hat einen Herren, aber ich hatte niemanden», sagt der Mann mit dicker, schwarzer Brille und blauem Hoodie. Er spricht von seinen psychischen Problemen und dass er sich schon immer verfolgt und beobachtet gefühlt habe. «Deswegen habe ich auch dieses Verbrechen begangen.»

Anfang 2022 sei er über die bulgarische Mafia nach Deutschland gekommen. Diese habe ihm Geld für den Abschluss von Handyverträgen und Diebstähle versprochen. Von den zunächst zugesagten 350 Euro habe er aber nur 100 Euro erhalten, berichtet der Beschuldigte. Er habe über Monate den ausstehenden Betrag gefordert und sei auch bei der Polizei gewesen. Schließlich habe er aus Verzweiflung das Kind von einem der Betroffenen entführen wollen. Dann habe er aber das von bulgarischen Familien bewohnte Haus angezündet. «Ich wollte deren Tod nicht, ich wollte sie nur erschrecken.»

In dem von dem Feuer weitgehend zerstörten Haus hatten laut früheren Angaben des Apoldaer Bürgermeisters Rüdiger Eisenbrand (Freie Wähler) neun bulgarische Familien mit 44 Mitgliedern gewohnt. Ein 53-jähriger Mann kam ums Leben, als er sich mit einem Sprung aus dem Gebäude zu retten versuchte. Zudem starben noch drei weitere Menschen, die Gäste der an diesem Wochenende gefeierten zwei Schuleinführungsfeiern in dem Haus waren. Es gab zudem zahlreiche Verletzte.

Vor Gericht beteuerte der Beschuldigte immer wieder, dass er keinen Plan zu der Tat gehabt habe - er habe denjenigen, mit denen er ihm Streit lag, «nur einen materiellen Schaden zufügen wollen». Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass es so ein großer Brand werden würde. «Ich frage mich, woher so viel mörderischer Groll herkommt wegen 250 Euro», sagt Oberstaatsanwalt Rainer Kästner-Hengst in dem von der Anklagebehörde beantragten Sicherungsverfahren.

Die Staatsanwaltschaft hält den Mann aufgrund eines vorläufigen Sachverständigengutachtens für schuldunfähig. Laut Verteidiger Volkmar Kölzsch leidet der 36-Jährige unter einer schweren Schizophrenie. Er habe sich nicht unter Kontrolle, wenn er unter Druck stehe.

Dem Bulgaren werden unter anderem vierfacher Mord und versuchter Mord in 14 weiteren Fällen vorgeworfen. Ihm soll laut Staatsanwaltschaft bewusst gewesen sein, dass zur Tatzeit eine größere Zahl von schlafenden Menschen in dem Haus waren. Daher soll er deren Tod zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Das Gericht ordnet die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn jemand eine Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat und wenn sich herausstellt, dass der Täter für die Allgemeinheit weiter gefährlich ist. Für das Verfahren sind zunächst Termine bis Mitte Mai anberaumt.

© dpa-infocom, dpa:230308-99-873003/4

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