Mit Ball am Fuß und Motorrad unterm Hintern in die Saison
Ein rechteckiges Spielfeld, zwei Tore, ein Ball. Mit 40 Zentimetern Durchmesser ist die Kugel jedoch zu groß, damit die Rede von Fußball sein könnte. Die Spieler laufen zudem keinen Meter auf dem Feld, sondern fahren auf Motorrädern. Die Rede ist von Motoball. «Das gibt es, seit es Motorräder gibt», sagt der Vorsitzende des Ersten Motoballclub 70/90 Halle, Torsten Wochatz, im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Eine Mannschaft besteht aus fünf Spielern. Vier Mann auf dem Motorrad, ein Mann im Tor. Geschossen wird mit dem Fuß, der während der Fahrt in Richtung Tor den Ball kontrolliert. Im Grunde also Fußball, nur auf zweirädrigem Unterbau.
Im Gegensatz zum Fußball könnten beim Motoball Frauen und Männer gemeinsam auf dem Platz fahren. Frauen gibt es - zumindest in der ersten Mannschaft in Halle - momentan jedoch keine, so Wochatz. «Es ist nun mal ein Sport, der doch eher die Begeisterung bei Männern weckt. Allerdings haben wir auch viele weibliche Zuschauer und Kinder. In Frankreich gibt es aber sogar zwei Frauenmannschaften.»
Dort hat die Sportart auch ihren Ursprung. In Deutschland wurden die ersten Spiele ab 1923 ausgetragen. «Seitdem ist der Ball ein wenig größer und die Spielregeln ein wenig feiner geworden», sagt Wochatz. Mit zwölf Jahren kam er durch seinen Stiefvater zu dem Sport.
In Deutschland sei die Zahl der Vereine in den vergangenen Jahren immer weiter geschrumpft. Heute gibt es im ganzen Land noch insgesamt 13 Motoball-Vereine. «Und die spielen alle in der Bundesliga», sagt Wochatz. Für den Ersten Motoballclub 70/90 Halle begann die diesjährige Saison gleich mit einem Sieg. Mit 9:4 gewann die Mannschaft gegen die 14. Mannschaft der Liga, die Motoballverenigung Budel aus der Niederlande. «Die spielen jetzt bei uns mit, weil sie bei sich mittlerweile der einzige Verein im Lande sind.»
Gewinnen werde Halle die Bundesliga auch in diesem Jahr definitiv nicht, ist sich Wochatz sicher. «Es gibt andere Teams, die einfach besser sind.» Zu den Favoriten zählten der baden-württembergische MSC Puma Kuppenheim. Dort soll Ende September auch der Endspieltag sein. «Letztes Jahr sind wir sogar zweiter der Liga Nord geworden. Und in den Play-Offs sind wir in den letzten Jahren immer dabei gewesen», so Wochatz stolz.
Neben der Hauptmannschaft und dem Nachwuchs soll es in Halle zukünftig auch eine Altherrenmannschaft geben. «Da spiele dann zum Beispiel ich», sagt Wochatz. In der Vergangenheit war er für Halle auch bei internationalen Begegnungen auf dem Platz. «Es werden auch Europameisterschaften ausgetragen. Neben Deutschland, Frankreich und der Niederlande gibt es beispielsweise auch in Russland, Weißrussland, Litauen und der Ukraine Teams.» Die letzte Europameisterschaft fand 2019 in Deutschland statt - mit den Russen als Meister. «Dann kam Corona und dann dieser unsägliche Krieg. Die EM 2022 in Moskau wurde abgesagt.»
Damit in Halle zukünftig mehr trainiert werden kann, soll durch Eigenmittel und durch finanzielle Förderung des Landes eine neue Spielstätte entstehen. «Da kann vor allem unsere Jugend dann viel besser trainieren.» Im Unterschied zum jetzigen Ascheplatz soll ein Spielfeld aus Beton entstehen. «Dadurch sparen wir uns das Abkreiden und Bewässern des Platzes vor Spielen.» Wer dagegen heute zu nah am Spielfeldrand steht, muss noch damit rechnen, dass ein driftendes Motorrad Asche in Richtung Publikumsraum schleudert.
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