Milde Temperaturen locken Bienen zum Pollensammeln
Das milde Wetter hat die Bienen vielerorts in Thüringen aus der Winterruhe gelockt. Ab Temperaturen von etwa 10 Grad Celsius fliegen sie aus und haben schon Pollen gesammelt, wie Ralf Kunz vom Landesverband Thüringer Imker sagte. Dabei werden sie etwa an Hasel und Christrose fündig. «Das ist nicht ungewöhnlich. Es hat auch in vergangenen Jahren milde Winter gegeben.» An und für sich sei die hierzulande besonders verbreitete Bienenrasse Carnica sehr anpassungsfähig. Sie hat ihren Ursprung in der Balkan-Region.
«Die Biene ist ein Licht-Tier und das Bienenjahr beginnt mit der Wintersonnenwende», erläuterte der Fachmann. Je wärmer es sei und je intensiver Pollen eingetragen werden, desto stärker stiegen die Völker ins Brutgeschäft ein. Dann steigt der Futterbedarf, weil die Bienen die Temperatur am Brutnest auf etwa 35 Grad heizen. In der Wintertraube brauche ein Volk im Schnitt ein Kilogramm Futter im Monat, wenn sie brüten 5 bis 6 Kilogramm, rechnete Kunz vor.
Allerdings fehlt es auch an wärmeren Tagen derzeit an Blüten, die den Bienen Nektar liefern. Wenn Imker im Spätsommer ihre Völker zu knapp eingefüttert haben, können deswegen die Reserven im Stock eng werden. Problematisch könnten für manche Völker auch erneute Kälteeinbrüchen werden. Dann reiße mitunter der Futterstrom im Stock ab, weil die Bienen ihre Brut nicht verlassen, erklärte Kunz. Auch die Belastung mit Varroa-Milben, die sich in den Brutzellen der Bienen vermehren, steigt mit dem Brutbetrieb.
Letztlich sei die Biene ein domestiziertes Tier und der Mensch müsse dafür Sorge tragen, dass die Bedingungen stimmen, betonte Kunz. So sei es etwa möglich mit Futterwaben oder Futterteig zuzufüttern. Auch durch sachkundige Behandlung der Völker gegen die Varroa-Milbe könnten diese Schädlinge in Schach gehalten werden. Zudem entwickle sich bei milden Temperaturen auch die Vegetation früher und viele Pflanzen blühten inzwischen meist zeitiger als noch vor Jahrzehnten, betonte der Imker. Das sei auch bei Trachten wie Obstblüte und Raps so. «Wenn Bienenvölker früher anfangen zu brüten, haben sie dann im Frühjahr auch die entsprechende Schlagkraft bei der Bestäubung.»
Für das Wohlergehen der Bienen müsse letztlich das Jahr in Gänze betrachtet werden, betonte Kunz. Dabei sei wichtig, dass es ein kontinuierliches Angebot an Nektar und Pollen in der Landschaft gebe. In vergangenen Jahren sei jedoch zu beobachten gewesen, dass etwa im Frühjahr immer mehr Pflanzen gleichzeitig blühten und danach das Nahrungsangebot für Bienen schlagartig abnehme.
In Thüringen gibt es den Angaben zufolge etwa 4200 Imker, mehr als 3000 davon sind im Landesverband organisiert. Laut Kunz halten sie im Schnitt 7 bis 8 Bienenvölker.
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