Mietvertrag für Flüchtlingsheim nach Anfeindung gestoppt
Nach dem Stopp eines Mietvertrags für eine Flüchtlingsunterkunft in Leinefelde-Worbis wegen Anfeindungen hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mehr Landesunterstützung angekündigt. In Leinefelde sei eine Stimmung erzeugt worden, die durch Lügen und Ressentiments «rassistisch geprägt ist», sagte Ramelow am Dienstag in Erfurt. Der Landrat des Eichsfeldkreises habe den Mietvertrag gestoppt, weil er die Sicherheit der Unterkunft und des Vermieters nicht gewährleisten konnte, sagte der Regierungschef.
Es müsste generell über die Sicherheit solcher Unterkünfte geredet werden. «Das kann der Kreis nicht allein.» Das Kabinett hat sich nach Angaben von Ramelow am Dienstag mit den Problemen bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine beschäftigt. Es gehe um mehr Kapazitäten, auch mit Blick auf den Winter, aber auch um Sicherheitsvorkehrungen. Es werde an einem Maßnahmeplan dafür gearbeitet. Menschen in Not müsste weiter ein Bett und ein Dach über dem Kopf gewährt werden. Dafür stehe die Mehrheit der Thüringer.
Auch das Land wolle zusätzliche Kapazitäten organisieren quasi als Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl, so Ramelow. Er nannte die Außenstelle Eisenberg und eine seit Monaten diskutierte Halle in Hermsdorf, die 500 Plätze bieten könnte. «Was wir nicht wollen ist, Zelte aufzustellen.»
Der Regierungschef informierte darüber, dass durch einen Fehler von den Kommunen die angekündigten 49,5 Millionen Euro für die Flüchtlingsunterbringung bisher noch nicht genutzt werden könnten. Grund sei, dass der dazu gefallene Landtagsbeschluss nicht wie vorgeschrieben veröffentlicht wurde. Das werde jetzt schnell nachgeholt. Das Geld solle vor allem genutzt werden, um unvermietete Wohnungen fü Kriegsflüchtlinge herzurichten.
Der Landkreis Eichsfeld bestätigte, dass der Mietvertrag für eine beheizbare Halle im Stadtzentrum von Leinefelde, in der 150 Flüchtlinge aus der Ukraine unterkommen sollten, im Einvernehmen mit dem privaten Vermieter aufgehoben wurde. Landrat Werner Hennig (CDU) sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), es sei zuvor anonym «großer Unmut formuliert worden». Der Ton habe sich «hochgeschaukelt». Laut Kreisverwaltung erschienen im Internet verschiedene anonyme Schreiben, in denen Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung namentlich angegriffen wurden, auch der Vermieter.
Wie der Eichsfeldkreis stoßen derzeit viele Kommunen nach eigenen Angaben an Kapazitätsgrenzen bei der Unterbringung Geflüchteter. So reisten in Sonneberg am Dienstag rund 50 Geflüchtete eigenständig an, wie der Beigeordnete des Landrats, Christian Tanzmeier, berichtete. Sie seien vom Landkreis mit einem Bus in die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl gebracht worden, «denn wir haben de facto keine Möglichkeit mehr, Menschen unterzubringen». Der Wohnungsmarkt sei leegefegt. Es fehle an Erstaufnahmeeinrichtungen vom Land.
Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes wurden bisher rund 29 400 Flüchtlinge aus der Ukraine in Thüringen aufgenommen. Immer wieder meldeten sich Kommunen zeitweise ab, weil sie keine Unterbringungskapazität hätten.
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