Mangel an Kinder-Antibiotika: Beschaffung erleichtern
Wegen der angespannten Versorgungslage will auch Thüringen den Apotheken die Abgabe von in Deutschland nicht zugelassenen Antibiotikasäften für Kinder erlauben. An einer entsprechenden Allgemeinverfügung werde gearbeitet, sagte eine Sprecherin des Landesamtes für Verbraucherschutz am Freitag auf Anfrage. Die Sprecherin rechnete nicht damit, dass die Verfügung noch im Laufe des Freitags veröffentlicht wird. Sorgfalt gehe vor Schnelligkeit. Voraussichtlich Anfang nächster Woche sei mit der Veröffentlichung zu rechnen. In Kraft trete die Verfügung dann einen Tag danach.
Nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums soll mit der Verfügung auch der Import dieser Arzneimittel über den Einzelfall hinaus gestattet werden. Damit sei die Bestellung auf Vorrat möglich, sagte der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes, Stefan Fink, der Deutschen Presse-Agentur.
Einzelimporte sind Fink zufolge für Apotheken, Arztpraxen und Patienten mit einem hohen Aufwand verbunden. Sei das auf dem Rezept angegebene Medikament nicht verfügbar, müssten verordnende Ärzte den Einzelimport schriftlich auf dem Rezept vermerken, zudem müsse die jeweilige Krankenkasse dies genehmigen. Erst danach könnten Apotheken die Bestellung auslösen.
Das Genehmigungsprozedere hängt Fink zufolge mit Haftungsfragen für Ärzte und Apotheker zusammen. Mit der erwarteten Verfügung müsse auch dieses Verfahren vereinfacht werden.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte Mitte April offiziell einen Versorgungsmangel bei Antibiotikasäften für Kinder erklärt. Mehrere Bundesländer haben die Einfuhr von in Deutschland nicht zugelassenen Produkten erlaubt. Fink zufolge betrifft das vor allem Penicillin-Säfte, einem Standardmittel bei Scharlach, der zuletzt gehäuft aufgetreten ist.
Aus Sicht des Linke-Landtagsabgeordneten Ralf Plötner muss die Arzneimittelproduktion in Europa ausgebaut werden. «Und wir müssen uns fragen, ob wir die Produktion von Medikamenten der Grundversorgung, wie Antibiotika und Schmerzmittel, selbst in die öffentliche Hand nehmen», teilte er mit. Es seien Marktmechanismen, die zu der jetzigen Situation geführt hätten. Fink sagte, die Apothekerverbände hätten seit 2012 auf die Gefahr solcher Versorgungsengpässe hingewiesen.
© dpa-infocom, dpa:230505-99-571425/2