Maier: Geschäft mit Rechtsrock-Konzerten trägt nicht mehr
Nach Einschätzung von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hat sich die Rechtsrock-Szene in Thüringen verändert. «Offensichtlich funktioniert das Geschäftsmodell mit Rechtsrock-Festivals nicht mehr», sagte Maier der Deutschen Presse-Agentur. Obwohl es in diesem Jahr keine coronabedingten Auflagen mehr gegeben habe, blieben größere Festivals aus. «Ich glaube, Rechtsrock ist jetzt wieder das, was er früher - vor den großen Konzerten - war», sagte Maier. Statt auf große Konzerte unter freiem Himmel zu setzen, würden Rechtsextreme sich nun wieder verstärkt bei kleineren sogenannten Liederabenden treffen, um Rechtsrock und andere rechtsextreme Musik zu hören.
In Thüringen hatte in den Jahren vor der Pandemie eine ganze Reihe großer Rechtsrock-Festivals stattgefunden. Im Jahr 2017 waren etwa 6000 Rechtsextreme aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland auf eine Wiese am Rande der Stadt Themar gekommen und hatten dort ein Festival gefeiert.
Zunächst waren die Behörden und auch die Justiz kaum gegen die Konzerte vorgegangen. Erst um die Jahre 2016 und 2017 herum änderte sich das. Die Coronaauflagen hatten weitere große Rechtsrock-Konzerte 2020 und 2021 dann praktisch unmöglich gemacht.
Maier betonte, neben dem konsequenten Vorgehen der Polizei habe sich auch die Arbeit einer im Innenministerium gegründeten Task Force bewährt. Sie soll die Kommunen zum Beispiel dabei unterstützen, gerichtsfeste Auflagenbescheide für solche Veranstaltungen zu erstellen.
Außerdem zeige laut Maier die Zerschlagung der rechtsextremen Gruppierung «Turonen» Wirkung. Diese Gruppe gehörte in den vergangenen Jahren zu den maßgeblichen Organisatoren von Rechtsrock-Konzerten im Freistaat. Zentrale Mitglieder der «Turonen» müssen sich derzeit in einem Drogenprozess vor dem Landgericht Erfurt verantworten und sitzen in Untersuchungshaft.
Maier nannte auch die Proteste aus der Zivilgesellschaft als einen Grund für den Rückgang größerer Rechtsrock-Konzerte. «Offenbar hat Thüringen inzwischen den Ruf in der Szene, dass es hier nicht mehr so ruhig läuft bei diesen Veranstaltungen.» Er rechne auch nicht damit, dass es 2023 wieder zu großen Rechtsrock-Veranstaltungen im Freistaat kommen werde.
Nach Einschätzung der Linken-Abgeordneten Katharina König-Preuss besteht die extrem rechte Musikszene in Thüringen fort. «Thüringen war vor den bundesweit medial beachteten großen Rechtsrock-Konzerten als Rechtsrock-Land bekannt und ist es als solches weiterhin, unabhängig davon, ob derartig große Rechtsrock-Events jährlich stattfinden», erklärte die Sprecherin für Antifaschismus der Thüringer Linken-Fraktion. «Wir haben mindestens 23 aktive Neonazi-Bands und neun Liedermacher im Freistaat sowie eine Reihe an Rückzugsmöglichkeiten.»
Es fänden weiterhin Neonazi-Konzerte statt, mit der die rechte Szene Geld einnehme. «Rechtsrock ist die Begleitmusik zu Hass, Gewalt, Mord und Totschlag», erklärte König-Preuss. Maiers Aussage, dass sich das Geschäft mit größeren Rechtsrock-Konzerten offenbar nicht mehr lohne, halte sie für nicht zutreffend. Als einen Grund nannte sie die Ansiedlung mehrerer Rechtsrock-Versandshops in Thüringen.
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