Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen., © Bodo Schackow/dpa
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Linke: «Wir wollen regieren»: Ramelow für Rot-Rot-Grün

23.04.2023

Die Linke strebt nach der Landtagswahl 2024 eine Neuauflage der Regierungskoalition mit SPD und Grünen in Thüringen an. «Ich kämpfe für Rot-Rot-Grün», sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Samstag am Rande eines Parteitags in Sömmerda. Der 67-Jährige, der seit 2014 mit einer kurzen Unterbrechung Ministerpräsident einer rot-rot-grünen Koalition in Thüringen ist, tritt erneut als Spitzenkandidat seiner Partei an. «Klar ist, wir wollen wieder regieren», sagte die Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig.

Bei der Landtagswahl 2019 war die Linke mit Abstand stärkste Partei vor AfD und CDU geworden. Sie führt derzeit eine Minderheitskoalition an, der im Landtag vier Stimmen für Entscheidungen ohne die Opposition fehlen. Als Problem mit Blick auf die nächste Landtagswahl voraussichtlich im Herbst 2024 bezeichnete Ramelow das Schwächeln der potenziellen Koalitionspartner SPD und Grüne auf Bundesebene. Beide stünden in der Ampel-Regierung in Berlin stark unter dem Druck der FDP.

Als Auslaufmodell bezeichnete der Generalsekretär der CDU, Christian Herrgott, Rot-Rot-Grün in Thüringen. Statt Probleme wie Unterrichtsausfall, Energiekrise oder die Staatssekretärsaffäre zu lösen, gebe es Stillstand. «Die Linke ist eine gespaltene und untergehende Partei ohne Zukunft, die nur noch durch die Kandidatur von Herrn Ramelow am Leben gehalten werden soll», erklärte Herrgott.

Soziales Profil schärfen

Mit dem bis Sonntag dauernden Parteitag in Sömmerda startete die Linke in die Wahlvorbereitung und Erarbeitung eines neuen Regierungsprogramms. Dabei liegt der Schwerpunkt darauf, den gesellschaftlichen Wandel sozial und ökologisch zu gestalten. Zudem klärte die Linke in Sömmerda nach langer Diskussion ihre Haltung zum Krieg in der Ukraine. Aufgabe der Linken sei es nicht nur, für eine neue Friedensordnung und gegen Rechts einzutreten, sondern auch für soziale Gerechtigkeit zu streiten, sagte Parteichef Martin Schirdewan. «Wir brauchen eine Zeitenwende für soziale Gerechtigkeit.»

Keine Angst vor Wagenknecht-Effekt

Den Thüringer Landesverband der Linken mit derzeit rund 3500 Mitgliedern bezeichnete Ramelow als stabil - trotz der Belastungen durch die Dauerquerelen der Bundespartei und der Abspaltungsthesen der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht. Dem Landesverband drohe auch bei der von Wagenknecht angekündigten Gründung einer neuen Partei keine Zerreißprobe. Ähnlich äußerten sich die beiden Landesvorsitzenden Grosse-Röthig und Christian Schaft.

Schirdewan und Schaft forderten Wagenknecht auf, die Hängepartie um die von ihr geplante Parteineugründung zu beenden. Sie müsse sich entscheiden und die Linke «nicht bis Herbst quälen». Sie sei eine Belastung für alle in der Linken, die sich engagierten und Wahlkämpfe zu bestehen hätten.

Für drittes beitragsfreies Kindergartenjahr

Ramelow machte in seiner Parteitagsrede deutlich, dass er die Linke vor allem sozialpolitisch profilieren will. Er plädierte ebenso wie Landtagsfraktionschef Steffen Dittes dafür, mehr in kostenfreie Bildung zu investieren. «Ich möchte, dass Bildung und Betreuung beitragsfrei sind.» Dabei habe er die Sorge, dass der Bund seine Finanzierung vor allem für die Kindergärten Stück für Stück zurückfahre. Für eine Kindergrundsicherung in Deutschland könnte das steuerliche Ehegattensplitting aufgegeben werden. In Thüringen plädiert die Linke für ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr.

Position zum Krieg geklärt

Mit großer Mehrheit beschloss der Parteitag einen Antrag, in dem Russland ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg auf die Ukraine vorgeworfen wird. Für den Krieg trage allein das russische Regime von Wladimir Putin die Verantwortung, die Ukraine habe das Recht, sich selbst zu verteidigen, heißt es darin. Waffenlieferungen an die Ukraine werden von der Linken weiterhin kritisch bewertet. Verlangt werden wirksame Sanktionen gegen Russland, «die die Finanzierung des Krieges tatsächlich erschweren» sowie ernsthafte diplomatische Initiativen. Kritik übte die Linke an einer Aufrüstung der Bundeswehr.

Ramelow für Änderungen in der Asylpolitik

Ramelow sprach sich für Änderungen in der Asylpolitik aus, für die die Bundesregierung die Weichen stellen müsse. Migranten sollten die Chance bekommen, einen in Deutschland gestellten Asylantrag zurückzugeben und stattdessen eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. «Es ist ein Spurwechsel nötig.» Es könne nicht sein, dass Deutschland im Ausland um Fachkräfte und Auszubildende werbe und gleichzeitig Menschen, die bereits ins Land gekommen seien, jahrelang eine Arbeitserlaubnis verweigere. «Menschen sitzen in der Asylfalle.» Auf dem Parteitag hatten zwei Geflüchtete ein Transparent gezeigt, auf dem stand: «Habt ihr uns vergessen? Seit sieben Jahren in Thüringen ohne Aufenthaltstitel.»

Auch auf dem Parteitag wehrte sich der Ministerpräsident gegen Teile der Rechnungshofkritik an der Einstellungspraxis seiner Regierung. «Ich umgebe mich nicht mit Leuten, die keine Ahnung haben», sagte Ramelow. In der Staatskanzlei sei seit seinem Amtsantritt als Regierungschef kein einziger Stuhl wegen des Parteibuchs des Mitarbeiters, der darauf sitzt, verrückt worden. Ramelow sagte, drei der derzeit 13 Staatssekretäre der Landesregierung hätten kein Parteibuch.

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