Landtag: Debatte um Wirtschaftspolitik und Vier-Tage-Woche
Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee hat Forderungen nach einer Entlastung der Wirtschaft von bürokratischen Auflagen unterstützt. «Die Unternehmen brauchen eine Atempause», sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Landtag in Erfurt. Nötig seien angesichts der Konjunkturabkühlung und der Energiekrise Entlastungen, Planungssicherheit und verlässliche Bedingungen. Das sei genauso nötig wie das von der Ampel-Regierung vorgelegte Wachstumschancengesetz, das vor allem steuerliche Impulse für Investitionen geben werde, dessen Finanzierung aber noch zu diskutieren sei.
Tiefensee reagierte damit auf Kritik von CDU, FDP und AfD, die Thüringen ein im Bundesländer-Vergleich zu geringes Wirtschaftswachstum bescheinigten, für das die rot-rot-grüne Landesregierung die Verantwortung trage.
Der Sprecher der FDP-Gruppe im Landtag, Thomas Kemmerich, kritisierte die Haltung von Ministerpräsident Bodo Ramelow zu dem Gesetz. Der Linke-Politiker hatte der Bundesregierung vorgeworfen, mit ihrem Wachstumschancengesetz den Ländern «in unakzeptabler Weise in die Tasche» zu greifen. Er unterstütze das Ziel des Gesetzes, kritisiere aber seine geplante Umsetzung, hatte Ramelow erklärt. Für Thüringen würde es nach ersten Prognosen in der Konsequenz zu Einnahmeausfällen von 120 Millionen Euro führen.
Zwischen Kemmerich und Ramelow gab es einen Disput um die Vier-Tage-Woche in der Wirtschaft. Der Regierungschef wies Vorwürfe des FDP-Politikers zurück, die Landesregierung habe sie zum Ziel erklärt. «Die Frage der Vier-Tage-Woche werden die Tarifpartner klären», sagte Ramelow. Erste Beispiele gebe es wie in einem Krankenhaus in Eisenberg. Kemmerich warf Ramelow vor, er würde den Eindruck erwecken, «die Wirtschaft wird wieder flott werden, wenn wir immer weniger arbeiten.»
Tiefensee warnte die Opposition im Landtag - ebenso wie Abgeordnete von SPD und Grünen - vor Schwarzmalerei. CDU, AfD und FDP hatten die aktuellen Stunden zur wirtschaftlichen Situation beantragt. «Die Wirtschaft ist in schwerem Fahrwasser, aber die Krisen sind zu bewältigen - zumal in Thüringen mit seiner kleinteiligen Wirtschaft», so der Minister.
Der Fraktionsvorsitzende der oppositionellen CDU-Fraktion, Mario Voigt, warf der rot-rot-grünen Landesregierung vor, ihre Politik habe dafür gesorgt, dass Thüringen seit 2015 wirtschaftlich zurückfalle. Seitdem liege das Wirtschaftswachstum unter dem Durchschnitt der neuen Länder. Damit sei Thüringen eine Wirtschaftsleistung von etwa 15 Milliarden Euro verloren gegangen - mehr als die Ausgaben eines Landeshaushalts.
Thüringen habe als Wirtschaftsstandort an Attraktivität verloren, ergänzte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl. Das reiche von zu wenig Tempo bei der Digitalisierung bis zur Fachkräftegewinnung. «Wir haben dringenden Handlungsbedarf.» Das gelte auch für die Entbürokratisierung. Der stellvertretende parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stefan Möller, äußerte die Sorge, «dass die Wirtschaft in eine tiefe Rezession gerät.»
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