Landrat fordert neue Regeln für erwerbsfähige Flüchtlinge
Der Eichsfelder Landrat Werner Henning (CDU) hat eine Debatte über die Unterbringung erwerbsfähiger Flüchtlinge angestoßen. «Die Vergabe der begrenzten Zahl an Wohnungen darf zukünftig nur noch an jene erfolgen, welche sich und ihre Familienmitglieder durch eigene Arbeit selbst ernähren wollen», schreibt Henning in einem am Montag verbreiteten Brief an Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne).
Eine Wohnung zu bekommen sei in diesen Zeiten ein Privileg, ergänzte Henning im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Die Wohnungen, über die ich im Landkreis verfüge, da meine ich schon, dass ich die primär denen überlassen möchte, die arbeiten. Jene, die nicht arbeiten, bleiben in Gemeinschaftsquartieren», sagte Henning.
Nach Zahlen der Landesarbeitsagentur waren im April dieses Jahres von 14 548 gemeldeten ukrainischen Flüchtlingen 11 930 als Arbeitssuchende erfasst. Von 10 475 gemeldeten Flüchtlingen aus Asylherkunftsländern wie Afghanistan, Eritrea, Irak oder Syrien waren demnach 7328 als Arbeitssuchende erfasst. Diese Zahlen beziehen sich lediglich auf Geflüchtete im Rechtskreis des Sozialgesetzbuches (SGB) II.
Zugleich zeigen andere Zahlen aber, dass durchaus auch viele Flüchtlinge einer Arbeit nachgehen. So gab es mit Stichtag Ende Oktober 2022 in Thüringen 2721 ukrainische Flüchtlinge sowie 10 232 Menschen aus verschiedenen Asylherkunftsländern in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Werner sagte, wenn es gelänge, Flüchtlinge, die arbeiten dürfen, in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen, «dann ebne ich ihnen auch den Weg, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können.»
Für Dienstag ist ein kommunaler Flüchtlingsgipfel in Waltershausen (Landkreis Gotha) geplant. Henning verfasste den Brief an Denstädt als «Impuls». Darin fordert er auch eine zeitliche Begrenzung für die Pflicht der Landkreise, die «erwerbsfähigen Flüchtlinge» unterzubringen.
Henning argumentierte, dass sich Menschen ohne Fluchterfahrungen, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bekommen, auch selbst um eine Wohnung kümmern müssen. Er sei Realist und wisse, dass das bei Flüchtlingen nicht von Jetzt auf Gleich gehe, sagte er der dpa. Aber es brauche eine gesetzliche Grundlage dafür.
«Wir können nicht fortwährend noch größere Gemeinschaftsquartiere schaffen, die wir dauerhaft als Wohnheime für Gäste betreiben, welche sozialversicherungspflichtig arbeiten könnten, dieses aber nicht tun. Solche Angebote halten wir als Landkreise für Arbeit ablehnende eigene Gemeindemitglieder auch nicht vor», schreibt Henning in seinem Brief an Denstädt.
Er wolle auf keinen Fall, dass die Betroffenen obdachlos würden, sagte Henning der dpa. «Aber es ist bei uns für die hiesigen Menschen die ganz normale Folge.» Obdachlosigkeit liege wiederum in der Verantwortlichkeit der Gemeinden. Er wolle auch nicht die Gemeinden verantwortlich machen. «Aber wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen und eine Regelung.»
Die Thüringer CDU-Fraktion forderte vor dem Flüchtlingsgipfel dass die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Gelder vollständig an die Kommunen weitergereicht werden. «Der Thüringer Anteil an der Bundes-Milliarde muss komplett bei den Kommunen landen - und zwar bis zum letzten Cent», erklärte Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt.
Außerdem müsse sich die Landesregierung beim Thema Abschiebungen mehr anstrengen. «Wir haben das liberalste Asylrecht und die höchsten Sozialstandards, aber die niedrigsten Abschiebequoten», so Voigt. Asylbewerber ohne Bleibeperspektive dürften seiner Meinung nach gar nicht erst in die Kommunen verteilt werden.
Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller kritisierte den geplanten Gipfel als nutzlos. «Die Regierungskoalition ist ideologisch zu verbohrt und die übrigen Gesprächspartner sind politisch zu korrekt, um einen echten Kurswechsel in der Migrationspolitik hinzubekommen und damit einen Ausweg aus der Krise zu finden», so Möller.
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