Landesregierung will 2023 deutlich mehr ausgeben
Die Landesregierung will für den Haushalt 2023 deutlich mehr Geld einplanen. Der Etat soll im Vergleich zum laufenden Jahr um knapp 900 Millionen auf rund 12,8 Milliarden Euro steigen, wie Finanzministerin Heike Taubert (SPD) am Dienstag in Erfurt sagte. Zuvor hatte sich das Kabinett auf einen Entwurf geeinigt. Allerdings ist die rot-rot-grüne Minderheitsregierung für die Verabschiedung im Landtag auf mindestens vier Stimmen aus der Opposition angewiesen. FDP und CDU kritisierten die Pläne.
Ursprünglich hatten die Ministerien deutlich mehr gefordert, die Vorstellungen der Ressortchefs seien in den vergangenen Wochen aber um rund 460 Millionen Euro gedrückt worden, sagte Taubert weiter. Die meisten Häuser hätten auch ihre Wünsche nach mehr Personal zurückgezogen. «Natürlich hätte ich mir als Finanzministerin gewünscht, dass wir noch weiter runterkommen.»
Lediglich im Umweltministerium gab es Taubert zufolge einen leichten Stellenzuwachs. Einem Sprecher des Ressorts zufolge beläuft sich die Zahl auf mehr als 20 Stellen. Dabei gehe es unter anderem darum, die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.
Dem Regierungsentwurf zufolge will Thüringen für einen ausgeglichenen Haushalt erneut tief in die Rücklage greifen. Insgesamt 640 Millionen Euro sollen aus dem Topf kommen, der eigentlich unvorhergesehene Mehrkosten abpuffern soll. Die Rücklage könnte damit im Jahresverlauf 2023 auf nur noch 400 Millionen Euro zusammenschmelzen. «Das reicht nicht, um die kommenden Jahre abzufedern», warnte Taubert.
Besonders stark schlagen ihr zufolge Mehrausgaben in der Finanzverwaltung und im Bildungsressort zu Buche. Auch Ausgaben für Geflüchtete und mehr Engagement in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung nannte das Finanzministerium als Gründe für die Mehrausgaben. Zudem sollen mit rund 236 Millionen Euro Kredite abbezahlt werden, die das Land als Corona-Sondervermögen aufgenommen hatte. Für 2022 liegt die Tilgung bei 171 Millionen Euro.
Die FDP-Gruppe im Landtag kritisierte die Vorstellungen der Landesregierung scharf. Rot-Rot-Grün agiere, als ob es kein Morgen gebe und wolle den Staat mästen, statt ihn effektiv zu machen, sagte Gruppensprecher Thomas Kemmerich.
«Die Landesregierung hat einen neuen Ausgabenrekord produziert. Uns bleibt aber vollkommen unklar, ob das überhaupt zur Entlastung von Bürgern und Wirtschaft kommt in dieser schwierigen Krisenlage», sagte CDU-Fraktionschef Mario Voigt der dpa. Zugleich erneuerte er alte CDU-Forderungen, etwa nach einem Investitionsprogramm für Dorfläden oder einer Zulage für Lehrer in Gebieten mit Lehrermangel. «Wenn die Landesregierung das blockiert, kann sie nicht erwarten, dass wir da auch an einen Tisch kommen, um Gespräche zu führen.»
Die CDU hatte der rot-rot-grünen Minderheitsregierung die Mehrheit für den Haushalt 2022 verschafft - allerdings mit Sparauflagen und geknüpft an bestimmte Projekte wie etwa Bodycams für die Polizei. Zudem muss die Landesregierung schon 2022 rund 330 Millionen Euro im Zuge einer sogenannten globalen Minderausgabe einsparen.
Die Einsparungen hatten zuletzt für Debatten gesorgt. So wollte etwa Bildungsminister Helmut Holter (Linke) die Schulgeldfreiheit für Gesundheitsberufe an freien Schulen streichen und begründete das mit den Sparauflagen. Das löste bei der CDU Protest aus. Diese Woche soll die Entscheidung im Landtag rückgängig gemacht werden - das Geld soll nun nicht mehr aus dem Bildungshaushalt, sondern aus dem Landesetat kommen.
Viele Ministerinnen und Minister seien unsicher, wie sie den Haushalt einschränken könnten, sagte Taubert dazu am Dienstag. Der Landtag müsse sich nun in den Beratungen klar positionieren: «Wenn er denn Mehrausgaben möchte, dann muss er auch zwingend sagen, wo die Ausgaben an anderer Stelle gekürzt werden sollen. Ansonsten werden wir in einer Spirale der Unsicherheit enden.»
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