Land erinnert an Zwangsumsiedelungen und DDR-Volksaufstand
Thüringen strebt im Zuge der Aufarbeitung des SED-Unrechts eine breite geschichtspolitische Debatte an. Zum 70. Jahrestag der Abriegelung der innerdeutschen Grenze im Jahr 1952 und zum Volksaufstand am 17. Juni 1953 seien in diesem und im kommenden Jahr im Freistaat zahlreiche Veranstaltungen geplant, sagte Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) am Dienstag. Das Kabinett hatte zuvor ein Konzept für eine zeitgemäße Erinnerung an die Jahrestage 2022/2023 beschlossen.
Schon Jahre vor dem Mauerbau in Berlin hatten DDR-Sicherheitsorgane im Frühsommer 1952 entlang der Grenze zu Westdeutschland ein fünf Kilometer breites Sperrgebiet eingerichtet. Dieses war für nicht ständig dort lebende Menschen kaum zugänglich. Nach der Abriegelung wurden von der DDR-Staatsführung als «politisch unzuverlässig» eingeschätzte Menschen aus dem Grenzgebiet zwangsweise ins Landesinnere umgesiedelt.
Von dieser Vertreibung aus den Grenzgebieten waren in der DDR laut Hoff rund 11.000 Bürger betroffen. «Wir reden vom langen Weg des Mauerbaus und einem Ereignis, das im kollektiven Gedächtnis eher verschüttet ist», sagte Hoff. Die Zwangsaussiedlungen in 237 Orte in Thüringen sind Schwerpunktthema der Grenzmuseen. Geplant seien unter anderem Begehungen von bestimmten Orten und Zeitzeugen-Dokumentationen, sagte der Minister.
Zur Erinnerung an den DDR-Volksaufstandes 1953 seien verschiedene Formate denkbar - etwa ein Live-Blog oder ein temporäres Projekt über Messengerdienste. Dabei sollen laut Hoff Geschichts- und Heimatvereine, Bürgerradios und Schulen einbezogen werden. Vorgesehen ist auch ein Geschichtspreis und ein Dialog zwischen Zeitzeugen und Jugendlichen.
Im Juni 1953 kam es in der DDR zu einer Welle von Streiks und Protesten unter anderem gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen. Der Aufstand wurde von sowjetischen Panzern mit Waffengewalt niedergeschlagen.
© dpa-infocom, dpa:220328-99-706053/3